Biologen vermessen erstmals die Distanzen und die Anordnung von Membranmolekülen im Nanometerbereich. Dabei konnten sie zeigen, wie sich der Antigenrezeptor von B-Zellen nach seiner Aktivierung verändert und alte Vermutungen widerlegen.
Forscher der Universität Freiburg und vom Max-Planck-Institut für Immunbiologie und Epigenetik haben nach mehr als zehn Jahren Suche eine Methode gefunden, um die Organisation von Zellmembranen im Bereich weniger Nanometer zu untersuchen. Sie zeigt wie sich der Antigenrezeptor, mit dem B-Zellen des Immunsystems Fremdstoffe erkennen, nach seiner Aktivierung verändert. Demnach streben die Komponenten des Rezeptors auseinander und kommen nicht – wie bislang vermutet – zusammen. Umlagerungen von Rezeptoren auf Membranen von Zellen finden im Bereich von zehn bis 40 Nanometern statt. Im Lichtmikroskop jedoch sind nur Objekte zu beobachten, die mindestens 250 Nanometer auseinander liegen. Auf ruhenden Zellen (A) liegt der B-Zell-Antigenrezeptor als Gruppe vor und das Nanomaßband gibt rote Lichtsignale frei (Bild unten). Das Signal verschwindet, wenn ein Antigen die B-Zellen aktiviert (B). Die Kinase Syk öffnet den Rezeptor. Fotos: © Michael Reth
Durch den Einsatz von Antikörperfragmenten, so genannten Fabs, verbesserten die Wissenschaftkler die Auflösungsschärfe des proximity ligation assay (PLA). Diese Technik bringt Moleküle nur dann zum Leuchten, wenn sie nahe beieinander liegen. Dieses Leuchten kann im Mikroskop nachgewiesen werden. Mit der genaueren Fab-PLA Methode gelang es erstmalig, auf der Membran im Zehn-Nanometer-Bereich zu untersuchen, wie Rezeptoren verteilt sind und wie sich ihre Organisation verändert. Auf die Antigenrezeptoren angewandt, zeigte die Fab-PLA Methode auf der Zellmembran von B-Zellen fluoreszierende Punkte: Dies ist der Beweis, dass die Antigenrezeptoren zunächst als Gruppen, so genannte Rezeptorcluster, auf der Membran auftreten. Sobald die B-Zellen aber ein Antigen erkannten und aktiviert wurden, verschwanden die Punkte – die Rezeptoren hatten sich voneinander entfernt.
Dieses Ergebnis unterstützt das im Jahr 2010 von Michael Reth und Jianying Yang vorgeschlagene Dissoziationsmodel der B-Zell-Aktivierung. Die Forscher zeigten auch, wie die Trennung zustande kommt: Sie veränderten B-Zellen so, dass diese das Signalmolekül Syk, das mit dem Antigenrezeptor zusammenwirkt, nicht mehr produzierten. Auf diesen Zellen waren die Rezeptorcluster auch nach der Bindung eines Antigens nachzuweisen. Syk ist damit der molekulare Schlüssel, der die Rezeptorcluster öffnet und die Abwehrreaktion des Körpers startet.
Um die weiteren Details der Aktivierung der B-Zellen zu klären, bauten die Forscher Syk und die Antigenrezeptoren in Zellen von Fruchtfliegen ein. Sie veränderten Syk und erkannten so, dass erst die Bindung des Moleküls an den inneren Teil des Antigenrezeptors die Cluster auflöst. In der Studie untersuchen sie auch weitere Rezeptoren auf B-Zellen, darunter das CD19- oder CD20-Molekül, auf deren Organisation im Nanobereich. „Wir haben herausgefunden, dass viele Rezeptoren auf der Membran in bestimmten Nanobereichen geordnet vorliegen“, erklärt die Doktorandin und Erstautorin der Studie, Kathrin Kläsener. Originalpublikation: B cell activation involves nanoscale receptor reorganizations and inside-out signaling by Syk Michael Reth et al.; eLife, doi: 10.7554/eLife.02069; 2014