Frauen mit einem polyzystischen Ovarialsyndrom (PCOS) haben oft Schwierigkeiten, schwanger zu werden. Zudem leiden sie oft an Übergewicht bis Adipositas. Könnte eine bariatrische Operation helfen?
Das polyzystische Ovarialsyndrom (PCOS) ist die häufigste Hormonstörung bei Frauen im gebärfähigen Alter: Es betrifft bis zu 18 % dieser Frauen, in Europa sind es etwa 4–12 %. Das PCOS geht mit Oligomenorrhö oder einer Amenorrhö einher und ist die häufigste Ursache für Unfruchtbarkeit wegen eines fehlenden Eisprungs. Das Syndrom ist häufig mit Übergewicht oder Adipositas und einem erhöhten Spiegel männlicher Hormone verbunden. Dieser führt zu Hirsutismus, Akne und Alopezie.
Das PCOS hat negative Auswirkungen auf die körperliche Gesundheit und die Lebenszufriedenheit. So haben die betroffenen Frauen im Vergleich zu gesunden, von Alter und Body-Maß-Index (BMI) vergleichbaren Frauen ein erhöhtes Risiko, Typ-2-Diabetes, Dyslipidämie, Bluthochdruck und möglicherweise Herz-Kreislauf-Erkrankungen zu entwickeln. Darüber hinaus bedeutet die Schwierigkeit, Kinder zu bekommen, für viele der betroffenen Frauen eine erhebliche psychische Belastung.
Adipositas verstärkt die Symptome des PCOS und erhöht das Risiko für metabolische Veränderungen und Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Nehmen Frauen mit PCOS und Übergewicht jedoch deutlich und langfristig ab, verbessern sich die Fruchtbarkeit, die metabolischen Werte und die Lebensqualität. Ein zentrales Ziel der Behandlung ist deshalb, langfristig an Gewicht abzunehmen. Allerdings fallen die Erfolge von verhaltensbasierten Maßnahmen zur Gewichtsabnahme und von Medikamenten wie Metformin oder dem Lipasehemmer Orlistat eher mäßig aus.
Nun hat ein internationales Forscherteam erstmals in einer randomisiert-kontrollierten Studie (RTC) untersucht, ob eine bariatrische Operation bei Frauen mit PCOS, Adipositas und Oligomenorrhö oder Amenorrhö die Zahl der spontanen Eispünge erhöhen kann. Die Ergebnisse sind in The Lancet erschienen. Beteiligt waren unter anderem Forscher des Imperial College London, der University of Warwick und des King‘s College London in Großbritannien, der Universität Würzburg und der Princess Nourah bint Abdulrahman University in Riad (Saudi Arabien).
In bisherigen Kohortenstudien wurde bereits beobachtet, dass sich eine bariatrische Operation bei den betroffenen Frauen positiv auf die Regelmäßigkeit der Menstruationsblutungen, die Androgenkonzentration im Blut und die kardiovaskulären Risikofaktoren auswirken kann. Allerdings wurde bisher nicht in einer RTC-Studie untersucht, wie sich eine bariatrische Operation im Vergleich zu Verhaltensänderungen oder einer Medikation auf die Zahl der spontanen Eisprünge auswirkt und wie sicher diese Methode ist.
In die neue, multizentrische Studie namens BAMBINI (bariatric surgery vs medical care for obesity and polycystic ovarian syndrome related infertility) wurden im Zeitraum von Februar 2020 bis Februar 2021 80 Frauen ab 18 Jahren mit einer PCOS-Diagnose, einem BMI von 35 kg/m2 oder höher und einer Oligomenorrhö oder Amenorrhö einbezogen. Sie wurden per Zufall einer von zwei Gruppen zugeteilt: Die eine Hälfte erhielt eine bariatrische Operation, die andere Hälfte Verhaltensmaßnahmen zur Gewichtsabnahme und eine Medikation: entweder Metformin, Orlistat oder eine Kombination aus beidem.
Der Fokus der Verhaltensmaßnahmen lag darauf, das Essverhalten und das emotionale Verhältnis zu Nahrungsmitteln zu verändern und die Aufnahme von Kalorien und Kohlenhydraten, Fetten und Proteinen so zu reduzieren, dass diese Ernährung über längere Zeit beibehalten werden kann. Im Anschluss wurde 52 Wochen lang einmal pro Woche das weibliche Geschlechtshormon Progesteron im Blut gemessen – aus seinem Verlauf lässt sich der Zeitpunkt des Eisprungs bestimmen. In die abschließende Auswertung konnten 30 Frauen mit bariatrischer Operation und 33 Frauen mit medizinischen Maßnahmen einbezogen werden. Die Frauen waren im Mittel (Median) 31 Jahre alt, 79 % von ihnen waren weiß.
Zusammengefasst waren eine bariatrische Operation und die damit verbundene Gewichtsabnahme wirksamer als verhaltensbasierte Maßnahmen in Kombination mit einer Medikation, um bei Frauen mit PCOS, Adipositas und Oligomenorrhö oder Amenorrhö spontane Eisprünge zu induzieren. „Unsere Ergebnisse zeigen, dass eine bariatrische Operation die Chancen auf spontane Fruchtbarkeit bei diesen Frauen erhöhen könnte“, sagt Harpal Randeva von der Warwick Medical School der University of Warwick in Coventry (Großbritannien). Er ist einer der beiden Letztautoren der Studie. „Die Verbesserungen bei Gewicht, Körperfett und kardio-metabolischen Werten könnten bedeuten, dass diese Frauen weniger Komplikationen in der Schwangerschaft erleben und weniger Typ-2-Diabetes und kardiovaskuläre Erkrankungen entwickeln. Dies sollte jedoch in weiteren Studien überprüft werden.“
Die Ergebnisse würden dafür sprechen, eine bariatrische Operation bei den betroffenen Frauen verstärkt als Behandlungsansatz in Betracht zu ziehen, schreiben die Autoren. Weiterhin sollte eine solche Operation bei Frauen in Erwägung gezogen werden, bei denen Verhaltensmaßnahmen oder eine Medikation nicht zu Veränderungen führen oder die diese Maßnahmen nicht gut tolerieren.
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