Die Krebsimmuntherapie ist beim metastasierten nicht-kleinzelligen Lungenkarzinom (mNSCLC) ohne therapierbare Treiberalterationen nicht mehr wegzudenken – sowohl als Mono-Immuntherapie als auch in diversen Kombinationen mit platinhaltigen Chemotherapien. Ob eine wirksame und gut verträgliche Mono-Immuntherapie in Frage kommt, hängt von der PD-L1-Expression ab: Liegt eine hoher PD-L1-Wert auf Tumor- oder Immunzellen vor (50 % bzw. 10 %), kann eine Mono-Immuntherapie die Behandlung der Wahl sein. Kombinationen mit platinhaltigen Chemos können hingegen unabhängig vom PD-L1-Status eingesetzt werden.1
So weit, so gut – doch in der Praxis stoßen Behandler:innen in nicht wenigen Fällen an Grenzen. Wenn sich Patient:innen beispielsweise in einem schlechten Allgemeinzustand befinden, kann die Therapiewahl eine Herausforderung sein. Diese Patient:innen bringen oft nicht die körperlichen Voraussetzungen für eine platinhaltige Chemotherapie mit. Die Zulassungen beruhen allesamt auf Studiendaten zu Patient:innen mit ECOG-Performance Status 0-1.2 Es fehlen bislang entsprechende Studien zu verträglichen Regimen für die Patientenklientel mit ECOG-PS ≥ 2. Leitlinienempfehlungen für Betroffene mit EGOG 2 und schlechter und/oder mit Komorbiditäten sind aufgrund der Datenlage nicht eindeutig.1,3
Lungenkarzinome werden in aller Regel in einem höheren Lebensalter diagnostiziert.4 Entsprechend hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass altersbedingte Begleiterkrankungen den Allgemeinzustand beeinträchtigen. Doch laut Dr. Claas Wesseler, Hamburg-Harburg, ist es wichtig, genau hinzuschauen: Ist die Tumorerkrankung der Grund für einen hohen ECOG oder sind es die Komorbiditäten?
„Per Zulassung können wir aktuell Patienten mit schlechtem Allgemeinzustand nicht bestmöglich therapieren – selbst wenn dieser nur durch die Tumorerkrankung bedingt schlecht ist. Dabei könnten wir gerade in diesen Fällen durch eine wirksame Therapie den Allgemeinzustand wieder verbessern“,
so Wesseler. Weiter gibt er zu bedenken: „Ist der Patient eher tumorkrank, aber sonst fit, gibt es vielleicht eine Behandlungsindikation - auch wenn der ECOG 3 ist.“
Studiendaten, die auf entsprechenden Patientenkollektiven beruhen und Wirksamkeit und Verträglichkeit von Immuntherapien bei ECOG ≥ 2 untersuchen, sind derzeit Mangelware.5 Doch es wird intensiv daran geforscht, diese Daten- und Versorgungslücke zu schließen.6 Auch für Prof. Dr. Niels Reinmuth, Gauting, sind die derzeitigen Behandlungsoptionen für betroffene Patient:innen nicht ausreichend. Er hofft, dass sich dies in Zukunft ändern wird:
„Dass wir auch diesen Patienten mehr Perspektiven bieten können, steht weit oben auf der Liste.“
Beschäftigt Sie das Thema im Praxis- oder Klinikalltag? Interviews mit namhaften Expert:innen sowie praxisrelevante Hintergrund-Infos über den Einfluss von Tumor, Begleiterkrankungen und Alter auf die Therapiefähigkeit finden Sie hier:
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