Ein 62-jähriger Patient hat mithilfe einer Abnehmspritze über 30 kg an Gewicht verloren. Eine Sache hat er dabei nicht bedacht – jetzt ist er mit Herzrasen, Schwindel und Tremor in der Notaufnahme gelandet. Was dahinter steckt, lest ihr hier.
Ein 62-jähriger Mann mit Adipositas (132 kg, BMI: 44,4) stellt sich beim Hausarzt vor, weil er eine Behandlung mit Tirzepatid wünscht. Zu seinen Vorerkrankungen zählen Typ-1-Diabetes und eine Hypothyreose. Der Hausarzt verschreibt ihm das Medikament und empfiehlt, mit einer Dosis von 2,5 mg zu beginnen und alle vier Wochen um 2,5 mg auf letztlich 10 mg zu erhöhen. Zudem soll sich der Patient regelmäßig zur Nachkontrolle vorstellen.
Das Tirzepatid wirkt: Der Patient nimmt innerhalb der nächsten Monate über 36 kg ab. Sein Insulinbedarf wird entsprechend auch verringert. Aufgrund einer längeren Reise nimmt er seine Nachkontrolle allerdings nicht wahr. Die Folgen dieser Nachlässigkeit bekommt er sechs Monate später zu spüren, als er mit Herzrasen, starkem Schwitzen, Verwirrung und Tremor in den Händen in die Notaufnahme eingewiesen wird. Die Ärzte stellen außerdem ein Vorhofflimmern fest. Zudem fallen bei der Labordiagnostik zwei Werte aus dem Raster: Der TSH-Wert liegt bei 0,001 µIU/ml (Referenzbereich: 0,27–4,2 µIU/ml) und der T4-Spiegel ist 7,26 ng/dl (Referenzbereich: 0,8–1,8 ng/dl).
Die Diagnose der Ärzte lautet thyreotoxische Krise. Und sie haben auch eine Vermutung, wodurch die Schilddrüsenüberfunktion ausgelöst wurde: Der Patient nahm eine viel zu hohe Dosis Levothyroxin zur Behandlung seiner eigentlichen Schilddrüsenunterfunktion ein. Dadurch, dass er seine Nachkontrolle verpasst hatte, war die Dosis mit 200 µg immer noch auf einen Mann mit einem BMI von 44,4 eingestellt – und nicht auf den Mann mit einem BMI von 31,2, der in der Notaufnahme vor ihnen stand.
Dieser Fall zeigt einmal mehr, welch systemische Auswirkungen ein Gewichtsverlust haben kann. Und gerade bei der Nutzung von sogenannten Abnehm-Spritzen ist eine drastische Gewichtsreduktion innerhalb kürzester Zeit erwartbar. Deshalb sollten die behandelnen Ärzte eine Reihe von Medikamenten auf dem Schirm haben, die in regelmäßigen Nachkontrollen überwacht und gegebenenfalls neu eingstellt werden müssen – wenn der Patient denn auch zu den Terminen erscheint.
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