Fieber, Atemprobleme oder Myeloenzephalopathie – eine Infektion mit dem Equinen Herpesvirus 1 kommt in vielerlei Gestalt daher. Doch wie umgehen mit dem Erreger? Impfen? Das aktualisierte Consensus Statement gibt Antworten.
Das bisherige Consensus Statement (CS) zum Equinen Herpesvirus 1 (EHV-1) stammte aus dem Jahr 2009. Seitdem ist der wissenschaftliche Erkenntnisgewinn konstant gestiegen, sodass rund 15 Jahre später eine Aktualisierung dringend erforderlich war.
In der neuen Fassung sollen auf wesentliche Fragen zu Pathogenese, Diagnostik, Therapie und Impfung aktuelle Antworten gegeben werden. Hierzu wurden zahlreiche, internationale Studien durch ein Expertengremium ausgewertet und deren Ergebnisse in einer Übersichtsarbeit, dem aktualisierten CS zusammengestellt.
Die größte Gefahr, die von EHV-1 ausgeht, liegt darin, dass es sich in Stresszuständen bei latent infizierten Pferden aus dem lymphoretikulären System oder dem Trigeminalganglion leicht reaktivieren lässt, da sind sich die Experten einig. Auch die mitunter schnelle Ausbreitung auf empfängliche, d. h. sehr junge Pferde (wenige Monate alt) bedingt seinen seuchenhaften Charakter. Eine subklinische Verbreitung erfolgt dagegen eher selten.
Besonderes Augenmerk wurde im aktualisierten CS auf die Beantwortung der Frage nach der protektiven Wirksamkeit der Impfung gegen Infektionen mit EHV-1 gelegt. Nach Studium der aktuellen Literatur sind die derzeit auf dem Markt befindlichen Impfstoffe was das Verhindern der Entstehung von Fieber und respiratorischen Symptomen anbelangt, nur kaum bis moderat wirksam. Auch vermögen die Impfstoffe nur unzureichend, die Virusausscheidung über die Nasenschleimhäute zu unterdrücken. Gleichwohl konnte die Impfung auch eine Virämie sowie die Entstehung der gefürchteten Equinen Herpesvirus Myeloenzephalopathie (EHM) nach erfolgter EHV-1-Infektion nicht zuverlässig verhindern. Dies gilt auch für den Schutz vor Aborten durch die Impfung mit Totimpfstoffen.
Darüber hinaus ergab das Literaturstudium, dass die Impfung eine Infektion mit EHV-1 generell nicht zuverlässig verhindern kann. Das Ausbilden von Symptomen jedoch wird reduziert, wenn der Bestand flächendeckend geimpft ist. Hierzu sollten (spätestens zu Beginn eines Ausbruchs) in einer Risikoanalyse besonders gefährdete Gruppen ermittelt und geimpft werden. Diese Vorgehensweise hilft, einer Verbreitung des Virus entgegenzuwirken. Es besteht, so ist sich die Expertengruppe einig, in Zukunft erheblicher Forschungs- und Entwicklungsbedarf, um wirksamere Vakzine zu entwickeln.
Das Studium der aktuellen Literatur hat zu dieser Fragestellung die bereits 2009 erhobenen Risikofaktoren bestätigt: Virale, Wirts- und Umgebungsfaktoren bestimmen im Wesentlichen die Gefahr, zu erkranken. Zu den Wirtsfaktoren gehören Rasse, Geschlecht, Reproduktionsstatus sowie das Alter. Pferde unter zwei Jahren entwickeln dabei eher respiratorische Erkrankungen, ältere dagegen eher EHM. Aborte treten im letzten Trächtigkeitsdrittel auf. Stress trägt zu höheren Infektionsraten bei. Als Umgebungsfaktoren sind vor allem die Jahreszeit (Spätherbst, Winter und Frühling) zu nennen.
Es ist seit langem bekannt, dass EHV-1 einen besonderen Gewebstropismus von Uterus und ZNS aufweist. Warum manche Pferde aber mehr, die anderen weniger empfänglich sind, ist bislang nicht restlos geklärt. Ein Ansprechen der Immunzellen und genotypisch bedingt verändertes Exprimieren von Proteinen im Organismus werden hierfür angenommen. Auch konnten mehrere je nach geographischer Lage unterschiedliche Virusmutationen, die mit dem Auftreten von EHM vergesellschaftet sind, nachgewiesen werden. Diese sind unterschiedlich pathogen, wobei derzeit noch unklar ist, welcher Stamm besonders häufig zu EHM führt. Auch besteht nach Auswertung der Studienlage ein wahrscheinlicher Zusammenhang zwischen zuvor erfolgter Virämie und dem Auftreten Aborte und EHM. Dabei ist jedoch die Stärke oder Dauer der Virusausscheidung nicht unbedingt mit dieser Wahrscheinlichkeit korreliert.
Nach wie vor existieren keine wirksamen Medikamente zur Therapie der durch EHV-1 hervorgerufenen Symptome oder zur Prävention der Entstehung einer EHM. Lediglich die Gabe von Valacyclovir an Pferde, bei denen eine Infektion zu erwarten ist, scheint geringfügig wirksam sein. Die Experten raten deshalb nur zu einem prophylaktischen Einsatz im Bestand. Auch hier besteht laut Meinung der Experten dringender Forschungsbedarf.
Der Virusnachweis kann mittels Real-time qPCR sowohl aus EDTA-Blut wie Nasentupfern gleichermaßen zuverlässig erfolgen. Sensitivität wie Spezifität des Testverfahrens sind ausreichend hoch. Gleichrangig aussagekräftig sind die für die Untersuchung herangezogenen Medien immer dann, wenn an mehreren aufeinanderfolgenden Tagen beprobt wird. Wird dagegen, wie unter Klinikbedingungen üblich, nur an einem Tag getestet, ist die Sensitivität von Nasentupfern der gegenüber EDTA-Blutproben überlegen. Die gilt jedoch nicht bei Stuten, die abortiert haben. Hier liefert die Blutprobe aussagekräftigere Ergebnisse. Wenn keine Folgeproben mögliche sind, raten die Autoren des Consensus Statements deshalb zum Nasentupfer für den Nachweis von EHV-1. Die Virusisolation dient nach wie vor der Bestimmung des vorhandenen Virus. Als Testmedium kann hierfür sowohl Nasensekret wie Blut herangezogen werden.
Da infizierte Pferde über viele Tage hinweg EHV-1 ausscheiden können, ohne dabei Symptome zu zeigen, ist es sinnvoll, Pferde über längere Zeit aufzustallen und den Tierverkehr auf das Nötigste zu beschränken. Desinfektionsmaßnahmen sowie wiederholtes Testen der Pferde sollten diese Maßnahmen ergänzen. Das Virus ist in der Umgebung bis zu 48 Stunden überlebensfähig.
Ziel muss es stets sein, die Ausbreitung des Virus zu vermeiden. Hierzu müssen erkrankte von gesunden und trächtigen Tieren sofort getrennt werden. Ein Zeitraum von mindestens drei Wochen erscheint dabei sinnvoll. Stress soll im gesamten Bestand vermieden und Impfungen bei gesunden Tieren durchgeführt werden. Je früher eine Infektion entdeckt wird, um so eher kann mit entsprechenden Maßnahmen reagiert werden. Kontakt zu erkrankten Tieren über direkte und indirekte Vektoren ist zu vermeiden.
Die Quarantänemaßnahmen sind für 28 Tage nach Nachweis der letzten Erkrankung beizubehalten. Alternativ kann eine Aufhebung der Quarantäne dann erfolgen, wenn an zwei bis vier aufeinanderfolgenden Tage mittels Real-Time qPCR kein positiver Virusnachweis aus Nasentupfern mehr vorliegt. Dabei sollte zweimal täglich Fieber gemessen werden. Pferde aus dem betroffenen Bestand sollen, so denn sie einen neuen verbracht worden sind, mindestens 14 Tage in Quarantäne verbracht werden.
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