Aus gutem Grund ist Werbung für Zigaretten, E-Zigaretten und Co. weitgehend verboten. Deutsche Rapper stört das wenig. Sie werben über reichweitenstarke Channels für solche Produkte – mit gefährlichen Folgen für Jugendliche.
In Deutschland grassiert eine Krankheit, die Jahr für Jahr still und unbemerkt ca. 127.000 Tote fordert: der Konsum von Tabakprodukten. Vermeidbare Todesfälle durch Zigaretten, E-Zigaretten und Co. haben schon vor Jahren die Europäische Kommission auf den Plan gerufen. Eigentlich verbietet sie mit der Richtlinie zur Tabakwerbung (2003/33/EG) Werbung in Printmedien, Rundfunk, Internet sowie Sponsoring von größeren Veranstaltungen. Deutschland hat dies längst ratifiziert. Auch für E-Zigaretten und deren Nachfüllbehälter greifen solche Einschränkungen. Doch es gibt Wege, solche Hürden zu umschiffen: Stichwort Social-Media-Marketing.
Capital Bra Smoke, Quelle: https://www.instagram.com/p/CV5L8M-jKLE. Screenshot: DocCheck
Rapper sind bei vielen Jugendlichen und jungen Erwachsenen beliebt. Deshalb haben Wissenschaftler des Deutschen Krebsforschungszentrums Heidelberg Content bekannter Rapper aus Deutschland unter die Lupe genommen.
Ausgangspunkt der Recherche war ein Ranking der 50 bekanntesten Rapper und der zehn bekanntesten Rapperinnen in Deutschland anhand von Popkultur.de. Das Magazin sortiert Künstler nach verkauften Tonträgern und Platzierungen in den Top Ten der Album- und Single-Charts. Anschließend untersuchten Forscher, welche dieser Künstler für Tabakprodukte und E-Zigaretten warben, indem sie „vape“, „tobacco“, „shisha“, „tabak“ in Kombination mit dem Namen der Künstlerin oder des Künstlers in Suchmaschinen eingegeben haben. Instagram, Facebook, Tiktok, Youtube und X (ehemals Twitter) wurden separat durchsucht.
Cataleya Tobacco (Samra), https://www.instagram.com/p/C978-LXMsGJ/, Screenshot: DocCheck
Zu den Ergebnissen: 26 (43 %) aller 60 bekanntesten deutschen Rapper nutzen ihr Image, um E-Zigaretten oder Shishas über ihre Social-Media-Plattformen zu vermarkten. Diese Künstler haben Millionen von Followern auf sozialen Medien, was ihnen eine hohe Sichtbarkeit verleiht. Auf Instagram beispielsweise sind es zwischen 0,2 und 4,0 Millionen.
20 (33 %) dieser Künstler offerieren Wasserpfeifentabak, 14 Künstler (23 %) vermarkten Einweg-E-Zigaretten oder E-Zigaretten-Liquids und 8 Künstler (13 %) vermarkten sowohl Wasserpfeifentabak als auch E-Zigaretten. Die Produkte tragen meist den Namen der Künstler; auf vielen Packungen sind die Rapper selbst abgebildet. Häufig wird auf dem Produkt oder der Verpackung mit Fruchtaromen geworben. Teilweise handelt es sich um als Werbung gekennzeichnete Produktplatzierungen.
Ihre Strategie ist klar: Rapper erreichen vor allem Heranwachsende: Zwischen 15 und 16 Jahren greifen Jugendliche im Schnitt zur ersten Zigarette oder E-Zigarette. Die Künstler posieren mit den Produkten auf den Produktseiten und treten in Werbevideos auf. Diese Videos transportieren das Image der Rapper – und Rauchen gehört vermeintlich dazu.
Bei einigen der Marken scheint es sich um Sondereditionen bekannter E-Zigarettenmarken zu handeln, die in Zusammenarbeit mit den Künstlern entstanden sind. Bleibt als Vermutung, dass Hersteller Influencer gezielt einsetzen, um Werbeverbote zu unterwandern.
Al Massiva Tabak / Massiv, https://www.instagram.com/p/C3QTs_gCaD_/ , Screenchot: DocCheck
Bleibt als Fazit: Die Analyse zeigt, dass Beschränkungen für Tabakwerbung im Internet bei uns nicht konsequent umgesetzt werden. Aber nur nach der gesetzlichen Keule zu rufen, greift zu kurz. Denn das Impressum mancher Channels nennt Firmen im Ausland. Und schon wird es schwierig, Werbeverbote durchzudrücken.
Die Autoren der Studie jedenfalls fordern, Plattform-Betreiber stärker in die Pflicht zu nehmen, ihren Content zu prüfen und Verstöße zu ahnden – im schlimmsten Fall durch das Sperren solcher Profile. Doch das kann dauern. Und die aktuelle Lage ist mehr als unbefriedigend.
Quelle:
Heidt et al. Tobacco and e-cigarette promotion on social media: The case of German rap music. Tob Control, 2024. doi: 10.1136/tc-2024-058683
Bildquelle: Huseyn Memmedli, Unsplash