Die Techniker Krankenkasse arbeitet zukünftig mit der TeleClinic zusammen. Warum das TeleClinic-Mutterschiff DocMorris dabei nicht nur zum Datenproblem werden kann, sondern auch ein rechtlicher Grenzgänger ist, lest ihr hier.
Die Entwicklungen im Bereich der Telemedizin und deren Auswirkungen auf die Arbeit in den öffentlichen Apotheken wird seit einigen Jahren immer spannender. Die kürzlich angekündigte Zusammenarbeit zwischen der Techniker Krankenkasse (TK) und der TeleClinic GmbH, einem Tochterunternehmen von DocMorris, hat hier an vielen Stellen Besorgnis ausgelöst. Ab dem 1. Dezember 2024 wird nämlich die TeleClinic, ein Tochterunternehmen der DocMorris AG, und nicht mehr wie bislang die Ife Gesundheit das digitale TK-Ärztezentrum betreiben. Dieses Zentrum bietet unter anderem Online-Sprechstunden und Telemedizin-Dienste für TK-Versicherte an. Während die TK und die TeleClinic betonen, dass es keine Interessenkonflikte gibt und die Daten der Versicherten sicher sind, gibt es erhebliche Bedenken und Kritik an dieser Partnerschaft bei Datenschützern und den Verantwortlichen der Apothekenverbände.
DocMorris, als international agierender Versandhändler, stellt für viele Vor-Ort-Apotheken eine bedeutende Konkurrenz dar – auch weil der Konzern in der Vergangenheit durch die Politik immer wieder Vorteile zu den hiesigen Apotheken eingeräumt bekam. Angeblich geschehe das, weil man „gleichlange Spieße” austeilen will, die jedoch auf der Seite der öffentlichen deutschen Apotheken immer kürzer auszufallen scheinen als bei der international tätigen Versandkonkurrenz, die Bundesgesundheitsminister Lauterbach seit jeher eher als „zartes Pflänzchen” betrachtet, denn als Totengräber vieler Apotheken vor Ort.
Die TK informierte bereits darüber, dass TeleClinic „sämtliche personenbezogenen Daten verschlüsselt auf Servern in Deutschland“ speichert. Auch die TeleClinic stellt klar, dass die Daten der deutschen Versicherten weder an DocMorris noch in die Schweiz weitergeleitet werden.
Trotz dieser offiziellen Zusicherungen der TK und TeleClinic, dass keine Daten an DocMorris weitergeleitet werden und dass keine Interessenkonflikte bestehen, äußern Kritiker wie Hans-Peter Hubmann vom Deutschen Apothekerverband und die Apothekerkammer Nordrhein (AKNR) deutliche Zweifel. Hubmann warnt vor der Möglichkeit, dass Patienten indirekt bereits auf der Plattform zum Versandhandel von DocMorris gelenkt werden könnten. Dies könnte die freie Wahl von Arzt und Apotheke gefährden und zu einem unzulässigen Einfluss auf die Entscheidung der Versicherten führen, die frei von Zuweisungen sein muss.
Die AKNR sieht in der Kooperation eine Gefährdung der strikten Trennung zwischen Arzt und Apotheke, die in Deutschland gesetzlich verankert ist. Morton Douglas, ein bekannter Rechtsanwalt für pharmazeutische Rechtsfälle, der schon häufig für die AKNR gearbeitet hat, befürchtet, dass durch diese Partnerschaft die Unabhängigkeit der Leistungserbringer untergraben wird. Die Kombination von Telemedizin und Versandhandel in einem Unternehmen könnte zu einer Interessensverschiebung führen, bei der die Patientenzuführung an DocMorris möglicherweise priorisiert wird.
Obwohl alle Beteiligten an diesem Deal unisono betonen, dass die Datenschutzbestimmungen eingehalten werden und alle Daten der Versicherten in Deutschland verarbeitet werden, bleibt die Skepsis bestehen – insbesondere angesichts der bisherigen Erfahrungen der TK mit Datenschutzproblemen, wie der gescheiterten Partnerschaft mit Ada Health aufgrund von Datenschutzmängeln. Damals stand eine Weitergabe der Daten unter anderem an Facebook im Raum. Die kontinuierliche Überwachung und Evaluierung der Datenschutzpraktiken sollten daher gerade bei der TK von entscheidender Bedeutung sein, um das Vertrauen der Versicherten zu festigen.
Die Vorstellung, dass eine Krankenkasse eine Telemedizinplattform betreibt, die gleichzeitig Teil eines Arzneimittel-Versandhandels ist, den die deutsche Gesetzgebung in der Vergangenheit oft nicht wirklich geschert hat, wirft zumindest Fragen über die Qualität und Neutralität der Patientenversorgung auf. Douglas bemerkte in diesem Zusammenhang: „Der Rechtsbruch ist Teil der DNA von DocMorris“. Kritiker befürchten vermutlich zurecht, dass diese Kooperation zu einem einseitigen Zugang zu bestimmten Arzneimitteln oder Dienstleistungen führen könnte, der nicht unbedingt im besten Interesse der Patienten liegt. In der Vergangenheit wurden bereits rechtliche Schritte gegen ähnliche Praktiken eingeleitet und es bleibt abzuwarten, wie sich diese neue Partnerschaft in der Praxis auswirken wird.
Die Zusammenarbeit zwischen der Techniker Krankenkasse und der TeleClinic wirft also erhebliche Fragen auf, insbesondere hinsichtlich der Unabhängigkeit der Telemedizinplattform und der Wahrung des Datenschutzes. Es ist entscheidend, dass die beteiligten Parteien frühzeitig transparente und nachvollziehbare Maßnahmen zur Sicherstellung der Neutralität und des Schutzes der Patientendaten treffen. Die Apothekenbranche und die zuständigen Aufsichtsbehörden werden die Entwicklungen sicherlich mit Argusaugen beobachten und gegebenenfalls rechtliche Schritte prüfen, um die Integrität des Gesundheitswesens zu gewährleisten.
Die Patienten sollten stets informiert und über mögliche Implikationen solcher Partnerschaften aufgeklärt werden, um wiederum ihre Entscheidungsfreiheit zu wahren.
Bildquelle: erstellt mit Midjourney