Ob SARS-CoV-2 wirklich vom Wildtiermarkt in Wuhan stammt, ist noch immer nicht geklärt. Nachdem China nicht um Aufklärung bemüht schien, bringen neue Daten nun Licht ins Dunkel.
Der Ursprung von SARS-CoV-2 ist seit Beginn der Pandemie Gegenstand vieler Spekulationen – teils wissenschaftlich fundiert, teils verschwörungstheoretisch. Zwei Theorien stehen dabei im Fokus.
Obwohl letztere Theorie eher unter Verschwörungstheoretikern vertreten ist und entsprechend wenig Belege vorzuweisen hat, mussten Wissenschaftler und Anhänger der Markttheorie zugeben, dass auch hier eindeutige Beweise fehlen. Jetzt wurden neue Daten veröffentlicht, die eindeutig für die Markttheorie sprechen. Doch wie aussagekräftig sind sie – und wieso werden sie erst jetzt veröffentlicht?
Bereits letztes Jahr wurde bekannt, dass Proben existierten, die kurz nach der Schließung des Huanan-Seafood-Marktes am 1. Januar 2020 von verschiedenen Oberflächen wie Käfigen, Karren, Böden und Wänden sowie aus den Abfluss- und Abwassersystemen gesammelt wurden. Dass die Daten erst so spät veröffentlicht wurden, löste schon damals Unverständnis aus und warf die Frage auf, ob China noch mehr Daten zum SARS-CoV-2-Ursprung besitzt, die zurückgehalten werden – eine Frage, die bis heute unbeantwortet ist.
Die damals in einem Pre-Print veröffentlichten Daten wurden nun erneut und ausführlicher von einem Forschungsteam aus Arizona ausgewertet. Die Forscher konnten zeigen, dass sich SARS-CoV-2 vor allem in Proben von Wildtierständen befand. An anderen Orten auf dem Markt wurde das Virus nur selten nachgewiesen. In den Proben fanden sich außerdem häufig zusätzlich DNA von Tieren wie Marderhunde und Schleichkatzen, welche schon vorher als mögliche Zwischenwirte diskutiert wurden. Auch beim ersten SARS-Ausbruch 2002/2003 fungierten diese Tierarten als wichtige Zwischenwirte.
Mit diesen Daten wird die Markttheorie also nochmal wahrscheinlicher – bewiesen ist sie allerdings noch immer nicht, wie Prof. Christian Drosten in einem SMC-Statement erklärt. Denn die Proben seien nicht von den Tieren direkt genommen worden, sondern erst nach Schließung und Ausräumung des Marktes von Oberflächen. „Hierbei besteht immer die Möglichkeit, dass so gefundenes Virus auch von infizierten Menschen stammt.“ Es fehlt also noch der Nachweis einer tatsächlichen Infektion der Wildtiere. „Eine solche Nachuntersuchung wäre allein in China möglich, und auch nur, falls Tierproben genommen und aufbewahrt wurden“, sagt er.
Prof. Isabella Eckerle von der Universität Genf hält es allerdings für unwahrscheinlich, dass dieser Nachweis noch kommen wird. „Es ist einfach zu viel Zeit verstrichen“, sagt die Virologin dem SMC. „In meinen Augen fehlte damals die systematische Beprobung von Wildtieren dieses Marktes und von anderen Märkten in Wuhan und Umgebung“. Dennoch sei die Studie ein eindeutiger Hinweis für einen zoonotischen Ursprung: „Da sich die Menschen überall auf dem Markt bewegten, die Tiere aber nur in einer Ecke des Marktes verkauft wurden, erscheint diese Häufung unplausibel für eine rein humane Übertragung, wie zum Beispiel durch einen Besucher.“
Einen eindeutigen Nachweis zum Ursprung von SARS-CoV-2 wird es also vermutlich nie geben. Dennoch weisen alle verfügbaren Daten auf die Markttheorie hin – wie die Häufung des Virus bei den Wildtieren oder die Ähnlichkeit zum früheren SARS-Ausbruch. „Zur Labor-Ursprungstheorie gibt es weiterhin keine wissenschaftlich überzeugenden Belege“, betont Drosten. Dennoch bleibt die Frage, warum damals keine direkten Tierproben genommen wurden – oder ob diese nur einfach nie veröffentlicht wurden.
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