Fast jeder Deutsche leidet irgendwann an Vitamin-D-Mangel. Wo im Körper sich das überall bemerkbar machen kann, warum hier gerade Sportler im Fokus stehen und worauf Ärzte achten sollten.
Für Eilige gibt’s am Ende des Artikels eine kurze Zusammenfassung.
Das, was allgemein unter dem Begriff Vitamin D verstanden wird, ist im eigentlichen Sinn überhaupt kein Vitamin, sondern eine Hormonvorstufe. Es sind Secosteroid-Verbindungen mit antirachitischer Wirkung. Für den menschlichen Organismus bedeutsam sind die Vitamine D2 (Ergocalciferol) und D3 (Cholecalciferol) als Hormonvorstufen und die hormonelle Wirkform 1,25 Dihydroxy-Vitamin D3.
Diese vielfältigen Funktionen haben eine wichtige Rolle im Sport und in der Rehabilitation. Studien haben eine direkte Korrelation zwischen 25(OH)D3-Serumspiegel und Muskelstärke ergeben. Sportler mit normalen Vitamin-D-Werten haben weniger Muskelkater und kürzere Regenerationszeiten. Ein Mangelzustand an Vitamin D vermindert die Muskelleistung und erhöht die Verletzungsanfälligkeit sowie das Sturzrisiko. Sportler mit Serumwerten unter 30 nmol/l bzw. 12 ng/ml hatten häufiger Infektionen der oberen Atemwege als Athleten mit Werten über 120 nmol/l bzw. 48 ng/ml. Pharmazeutisch werden Präparate mit einer Kombination von Vitamin D3 und Vitamin K2 angeboten, da es synergistische Effekte bezüglich Knochendichte und kardiovaskulären Faktoren gibt.
Für optimale sportliche Leistungen wird ein Tagesbedarf von 4.000 bis 5.000 IE Vitamin D3 und 50 Mikrogramm Vitamin K2 angegeben, bis eine Serumkonzentration zwischen 40 und 60 ng/ml 25(OH)D3 erreicht ist. Als Erhaltungsdosis sind danach täglich 1.000 bis 2.000 IE Vitamin D ausreichend. 1.000 IE entsprechen 25 Mikrogramm Vitamin D.
Da es im menschlichen Körper gespeichert werden kann, ist eine Überdosierung bei mehr als 75 ng/ml im Sinne einer Hypervitaminose möglich. Dadurch kann es zu Gefäßverkalkung, zur Bildung von Nierensteinen und zu gestörter Nierenfunktion kommen.
Während Hypervitaminosen selten sind, werden Mangelversorgungen häufiger festgestellt. Der Serumgrenzwert wird allgemein mit 20 ng/ml angegeben. Ein Mangel in der Schwangerschaft führt zu angeborenen Auffälligkeiten mit Entwicklungsstörungen der Knochen. Die erworbene Erkrankung wird bei Säuglingen und Heranwachsenden als Rachitis und bei Erwachsenen als Osteomalazie bezeichnet. Eine verminderte Knochenmineralisierung äußert sich bei Kindern und Jugendlichen mit Verbiegungen der Röhrenknochen und Verformungen von Schädel, Sternum und Wirbelsäule. Erwachsene klagen oft über diffuse Knochenschmerzen an Schultern, Thorax, Wirbelsäule und Becken. Aufgrund der Besonderheiten im Vitamin D-Stoffwechsel benötigen Patienten mit chronischen Darmerkrankungen wie Morbus Crohn oder Colitis ulcerosa und mit chronischen Nierenerkrankungen eine Vitamin D-Substitution. Auch Vegetarier oder Veganer mit extrem fettarmer Ernährung und Menschen mit zu geringer Sonnenexposition haben ein erhöhtes Risiko für einen Vitamin D-Mangel.
In der täglichen Patientenversorgung sollten Ärzte Interaktionen zwischen Medikamenten und Vitamin D berücksichtigen. Die Vitamin D-Resorption ist vermindert bei Alkohol bzw. alkoholhaltigen Pharmaka, Antibiotika, Colchicin, Glukokortikoiden, H2-Blockern bzw. Protonenpumpenhemmern, Laxantien, Lipidsenkern, Paraffinöl und Statinen. Der Vitamin D-Bedarf steigt bei Antiepileptika, Antikonvulsiva, Barbituraten, Kortikosteroiden und Östrogenen. Bei entsprechenden Grunderkrankungen, Medikamenteneinnahmen oder intensiver sportlicher Betätigung sollte der Vitamin D-Spiegel regelmäßig überwacht werden, besonders in der dunklen Jahreszeit. Es empfiehlt sich, zusätzlich Kalzium und Magnesium zu kontrollieren, da es auch hier Interaktionen mit Vitamin D gibt. So fördert Vitamin D sowohl die Kalzium- als auch die Magnesiumresorption. Ein Vitamin D-Mangel führt zu Kalziummangel, und ein Magnesiummangel vermindert die Vitamin D-Wirkung beim Knochenaufbau.
Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung e.V. empfiehlt bei fehlender endogener Synthese die Substitution bei Säuglingen bis 12 Monate täglich mit 10 Mikrogramm (entsprechen 400 IE) Vitamin D und danach für alle Altersgruppen 20 Mikrogramm/Tag (entsprechen 800 IE). Es wird immer wieder diskutiert, ob Schwangere und Stillende oder Menschen über 65 Jahre eine höhere Substitution benötigen. Studien, besonders an Sportlern, haben neue Erkenntnisse ergeben, wonach ein höherer Vitamin D-Serumspiegel die körperliche und mentale Leistungsfähigkeit verbessert.
Von diesen Ergebnissen sollten alle Patienten profitieren, insbesondere, wenn sie mit zunehmendem Alter chronische Erkrankungen entwickeln. Es wäre hilfreich, wenn wir Ärzte bei Routineblutabnahmen regelmäßig an die Bestimmung von 25(OH)D3 denken.
Bildquelle: erstellt mit Midjourney