Ein Barrett-Ösophagus gilt als Risikofaktor für Karzinome. Aufgrund neuer Daten lohnt es sich, Pharmakotherapien kritisch zu hinterfragen. Wer als Prophylaxe Protonenpumpenhemmer einnimmt, hat davon keinen Nutzen. Alendronsäure ist sogar mit weiteren Risiken verbunden. Bleibt noch, mehr Wert auf die Eradikation von Helicobacter pylori zu legen.
Gastroenterologen sprechen bei metaplastischen Umwandlungen von Epithelzellen der Speiseröhre vom Barrett-Ösophagus. Als Auslöser haben sie Tabakkonsum, Übergewicht, aber auch genetische Prädispositionen identifiziert. Die Folgen: Betroffene tragen ein höheres Risiko, Adenokarzinome zu entwickeln. Dänische Wissenschaftler fanden als Krebsrisiko 0,12 Prozent pro Patientenjahr – weitaus weniger als bislang vermutet. Grund genug für Ärzte, bei niedriggradigen Dysplasien abzuwarten, inklusive regelmäßiger Untersuchungen. Bleibt als Alternative, Gewebe abzutragen. Laut einer klinischen kontrollierten Studie ist die frühzeitige Radiofrequenzablation endoskopischen Kontrollen deutlich überlegen.
Um das negative Potenzial eines Barrett-Ösophagus abzuschätzen, arbeiten Forscher an molekularbiologischen Strategien. Sie entnahmen Epithelproben von gesunden Menschen und von Patienten mit einem Barrett-Ösophagus beziehungsweise einem Adenokarzinom. Der Vergleich spezifischer microRNA-Sequenzen zeigte deutliche Unterschiede: In kanzerösen Zellen befand sich häufig ein bestimmtes Muster mit schwacher Expression von miR-375. Gleichzeitig wurde die Expression von Nukleinsäuren der miR-17-92-Familie hochreguliert. Sollten Gewebe eines Barrett-Ösophagus entsprechende „Fingerabdrücke“ aufweisen, ist Gefahr im Verzug. Labordiagnostische Untersuchungen könnten das bisherige Spektrum an Methoden ergänzen, heißt es im Beitrag.
Von der Diagnostik zur Prophylaxe: Seit Jahren suchen Heilberufler nach vorbeugenden Maßnahmen, etwa bei Patienten mit Refluxösophagitis. Grund genug, offensiv PPI zu verordnen. Asbjørn Mohr Drewes aus dem dänischen Aalborg fragte sich, inwieweit PPI tatsächlich vor Krebs schützen. Eine nationale Populationsstudie mit 9.883 Teilnehmern, allesamt am Barrett-Ösophagus erkrankt, kam da wie gerufen. Der Wissenschaftler verglich Patienten ohne Progression mit Menschen, die bereits hochgradig intraepitheliale Neoplasien (HG-IEN) beziehungsweise Adenokarzinome entwickelt hatten. Im Rahmen eines Follow-ups von 10,2 Jahren fand Drewes 140 neue Karzinome beziehungsweise HG-IEN. Nahmen Patienten regelmäßig PPI ein, lag das Risiko bei 2,2 bis 3,4, je nach Therapietreue. Schützende Einflüsse ließen sich nicht nachweisen, ganz im Gegenteil: Wer seine Medikation konsequent einnahm, war stärker gefährdet. Bleiben noch methodische Fragen: Ein Bias durch die Selektion von Patienten ist denkbar. Drewes will Effekte der Pharmaka selbst aber nicht ausschließen, bis Resultate einer randomisierten placebokontrollierten Studie vorliegen.
Deshalb läuft seit 2005 die „Study of Aspirin and Esomeprazole Chemoprevention in Barrett's Metaplasia“ (AspECT). Ziel ist, chemoprotektive Effekte von Esomeprazol und / oder ASS bei Patienten mit Barret-Ösophagitis zu untersuchen. Erste Daten sollen in 2019 vorliegen. Bis dahin bleibt als Empfehlung, PPI nur zu verordnen, falls Ärzte erosive beziehungsweise ulzeröse Läsionen diagnostizieren. Zur Dauermedikation sind entsprechende Präparate nicht geeignet – auch unter weiteren Gesichtspunkten: Wissenschaftlich bestehen keine Zweifel, dass häufig Vitamin-B12-Mangelerscheinungen auftreten. Gleichzeitig haben Patienten ein höheres Risiko für Osteoporose und Hüftfrakturen. Greifen Ärzte zu Alendronsäure, erweisen sie Betroffenen keinen Gefallen. Bei Patienten mit Barrett-Ösophagus soll das Bisphosphonat nur nach individueller Abwägung von Nutzen und Risiken verordnet werden, heißt es vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM).
PPI sind aber nur die halbe Wahrheit. Bei Plattenepithel-Tumoren des Ösophagus spielt neben anderen Faktoren Helicobacter pylori eine wichtige Rolle. Bislang war die Datenlage äußerst widersprüchlich. Jetzt hat Wen-sheng Li von der Universität in Shantou, China, eine neue Arbeit veröffentlicht. Der Untersuchung liegen Gewebeproben von rund 200 Patienten zu Grunde. In Summe ließ sich H. pylori bei rund 63 Prozent aller Tumoren nachweisen, und angrenzendes Gewebe war zu 74 Prozent infiziert. Rund 80 Prozent aller bakteriellen Genotypen exprimierte das zytotoxin-assoziierte Gen A (CagA) – inklusive eines kanzerogenen Genprodukts. Um gegen den berühmt-berüchtigten Keim vorzugehen, setzen Ärzte nach wie vor auf Tripeltherapien mit Amoxicillin, Clarithromycin und PPI. Durch zunehmende Resistenzen versagt dieses Regime mehr und mehr. Bleibt noch eine Option: In den Guidelines „Management of Helicobacter pylori infection—the Maastricht IV/ Florence Consensus Report“ raten Wissenschaftler zur Quadrupeltherapie mit Bismut, Metronidazol, Tetrazyklin und PPI.