Kinder mit etwas zu viel Babyspeck gelten als süß – das wächst sich schließlich raus. Doch wie ungesund kindliches Übergewicht wirklich ist und wie sehr wir uns um die kardiovaskuläre Gesundheit von Kindern sorgen sollten, erfahrt ihr hier.
„Da wächst er noch raus“ ist ein Satz, den man nicht nur über so manche Verhaltensweise von Kindern und Jugendlichen häufig hört, sondern auch in Bezug auf gesundheitliche Risikofaktoren wie Übergewicht. Aber stimmt das wirklich? Kann man beim Eintritt in das Erwachsenenalter sein erhöhtes Risiko für kardiovaskuläre Erkrankungen zusammen mit den mittlerweile peinlich gewordenen Klamotten einfach wieder aussortieren?
Wie groß die Auswirkungen verschiedener Risikofaktoren im Kindesalter tatsächlich sind, hat eine groß angelegte prospektive Studie gezeigt. Dabei wurden 10.634 Teilnehmer (57,6 % Frauen) aus Finnland, Australien und den USA mindestens einmal in der Kindheit und mindestens einmal im Erwachsenenleben untersucht. Erfasst wurden folgende Risikofaktoren:
Die Untersuchungen im Kindesalter fanden zwischen 1970–1990 statt, das Durchschnittsalter der Teilnehmer lag bei 13 Jahren. Der Beobachtungszeitraum reichte bis 2019, bei der Untersuchung im Erwachsenenalter waren die Probanden im Schnitt 32 Jahre alt. Insgesamt erlitten etwa 520 Teilnehmer ein Herz-Kreislauf-Ereignis und waren dabei durchschnittlich 49 Jahre alt.
Die Auswertung zeigte, dass vor allem der BMI und das LDL-C im Kindesalter bereits wichtige Risikofaktoren für spätere kardiovaskuläre Ereignisse sind. In der statistischen Analyse war ein erhöhter BMI im Kindesalter sogar fast genauso wichtig wie im Erwachsenenalter. Doch auch erhöhte LDL-C-Level im Kindesalter hatten einen direkten Einfluss auf ein späteres Risiko.
Die anderen Faktoren zeigten zwar keinen signifikanten direkten Einfluss, jedoch konnten die Forscher bei allen einen indirekten Einfluss feststellen. Erwachsene, die bereits im Kindesalter ein erhöhtes Risiko hatten, wiesen auch später ein höheres Risiko als ihre Mitmenschen auf. „Wenn Risikofaktoren im Kindesalter auf hohem Niveau etabliert sind, ist es schwierig, sie [als Erwachsener] wirksam zu reduzieren“, schreiben sie dazu.
Die Annahme, dass sich Risikofaktoren im Kindesalter noch „verwachsen“ ist also ein Mythos. Im Gegenteil: Die Weichen für spätere kardiovaskuläre Erkrankungen werden genau dann gestellt. Deshalb sollte eine wirksame Prävention auch im Kindesalter ansetzten. Dazu gehört zum einen, die Risikofaktoren im Kindesalter überhaupt zu erkennen. Einen erhöhten BMI kann man vielleicht noch mit dem bloßen Auge sehen, aber für Cholesterin-Werte braucht es schon einen Labortest. Deshalb sollten diese Werte unbedingt regelmäßig von Kinderärzten erhoben werden.
Doch mit dem reinen Feststellen von Risikofaktoren ist es natürlich noch nicht getan. Prävention und Gegenmaßnahmen sind der zweite wichtige Aspekt, um für gesündere Erwachsene zu sorgen. Denn das erhöhte Risiko, das aus der Kindheit mitgebracht wird, lässt sich im Erwachsenenalter nicht mehr komplett durch eine Behandlung, beispielsweise mit Antihypertensiva oder Statinen, negieren, betonen die Autoren. Deshalb muss bereits im Kindesalter entgegengewirkt werden. Dafür brauche es sowohl Bildungsarbeit, um Kindern einen gesunden Lebensstil zu vermitteln, als auch klinische Mittel, um einzelne Risikofaktoren unter Kontrolle zu bringen.
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