Ein junger Koch klagt über starke Schmerzen im unteren Rücken. Eine Umfangsvermehrung am Knie lässt die Ärzte eine CT-Untersuchung veranlassen – und schließlich den Übeltäter überführen.
Ein 31-jähriger Mann stellte sich mit Schmerzen im Lendenwirbelbereich in der Notaufnahme vor. Er berichtete, dass die Beschwerden vor sechs Monaten begonnen hatten. Ursprünglich in Togo geboren, lebte der Patient bereits seit mehreren Jahren in Deutschland und hatte keine relevanten Vorerkrankungen, auch keinen Immundefekt oder eine HIV-Infektion. Obwohl er berufstätig war, konnte er aufgrund der Schmerzen seinen Beruf als Koch nicht mehr ausüben.
In der Anamnese gab er an, dass vor drei Monaten eine MRT-Untersuchung der Lendenwirbelsäule durchgeführt wurde, er jedoch bislang keinen Termin zur Befundbesprechung bei seinem Orthopäden erhalten hatte. In der Zwischenzeit hatten sich die Schmerzen verschärft und strahlten ins rechte Bein aus. Zudem bemerkte er eine „Beule“ oberhalb des linken Knies, litt unter Husten und intermittierendem Fieber.
Es wurde eine erneute MRT-Untersuchung der Lendenwirbelsäule angeordnet, die eine Spondylodiszitis auf Höhe LWK 5/SWK 1 und LWK 4/5 sowie paravertebrale Abszessbildungen und einen Senkungsabszess im M. iliopsoas bis in die rechte Leiste offenbarte. Eine CT-Untersuchung des Thorax ergab multiple pulmonale Mikronoduli, insbesondere in den Oberlappen. Die CT des Abdomens zeigte eine abdominelle Lymphadenopathie und in den Nieren eine inhomogene Kontrastierung im Parenchym beidseits. Es wurde die Verdachtsdiagnose einer disseminierten Tuberkulose gestellt.
Die Kollegen der Wirbelsäulenchirurgie empfahlen eine konservative Therapie für die Spondylodiszitis, jedoch wurde zunächst ein Pigtail-Katheter in den Abszess in der rechten Leiste eingelegt. Die erwähnte „Beule“ oberhalb des rechten Knies stellte sich sonographisch als Abszess heraus und wurde ebenfalls punktiert. In beiden Proben wurden säurefeste Stäbchen nachgewiesen und die PCR für Mycobacterium-tuberculosis-Komplex war positiv.
Zusätzlich wurde eine Bronchoskopie durchgeführt. In der bronchoalveolären Lavage ergab sich ein negativer Befund für Tuberkulose, jedoch zeigten die transbronchialen Biopsien histologisch epitheloidzellige Granulome, und die PCR war ebenfalls positiv für M.-tuberculosis-Komplex, was auf eine miliare Aussaat der Tuberkulose hindeutete. Da keine genotypische Resistenz gegen Rifampicin und Isoniazid vorlag, wurde eine antituberkulöse Therapie mit Rifampicin, Isoniazid, Pyrazinamid und Ethambutol eingeleitet.
Kulturell wurde im weiteren Verlauf M. bovis als auslösendes Mykobakterium des M.-tuberculosis-Komplex nachgewiesen. Aufgrund einer intrinsischen Resistenz gegenüber Pyrazinamid wurde die Therapie bei dem ausgeprägten Befund auf Rifampicin, Isoniazid, Levofloxacin und Ethambutol umgestellt.
Im weiteren Verlauf kam es zunächst zu einer klinischen Verbesserung, doch der Patient berichtete von neuem Schwindel und Sensibilitätsstörungen in der rechten Körperhälfte. Um einer möglichen zerebralen Beteiligung der Tuberkulose nachzugehen, wurde eine kraniale MRT durchgeführt. Hierbei wurden tatsächlich multiple intrazerebrale Herde festgestellt, von denen die meisten supratentoriell und überwiegend rindennah lagen. Nach Kontrastmittelgabe zeigten die Herde eine ringförmige Kontrastmittelaufnahme, jedoch lagen keine Zeichen für eine meningeale Beteiligung vor. Eine Liquorpunktion ergab keinen Nachweis von Tuberkulose, Kryptokokkose oder Toxoplasmose. Auch die weiteren Liquoruntersuchungen (Zellzahl, Glukose, Protein, Laktat) waren unauffällig.
Oben: cMRT, T1-Wichtung mit Kontrastmittel. Unten: 6 Wochen später. Credit: E. Terhalle.
Angesichts des hochgradigen Verdachts auf zerebrale Tuberkulome bei bereits diagnostizierter disseminierter Tuberkulose wurde die Therapie auf intravenöse Verabreichung umgestellt. Aufgrund des intrazerebralen Ödems wurde die Behandlung um Dexamethason ergänzt. Unter dieser Therapie zeigte der Patient eine klinische Verbesserung, und die neurologischen Symptome waren regredient. Erfreulicherweise waren die zerebralen Tuberkulome bereits nach sechs Wochen intravenöser Therapie und Dexamethason in der kranialen MRT rückläufig, sodass die Therapie auf orale Einnahme umgestellt und der Patient entlassen werden konnte. Die Therapiedauer ist für insgesamt 12 Monate vorgesehen.
Bildquelle: Micke Lindström, Unsplash