In fast ganz Europa ist sie schon legal, Deutschland könnte bald nachziehen: Die Eizellspende. Welche Risiken und ethischen Bedenken gibt es? Ein Überblick.
Für Eilige gibt’s am Ende des Artikels eine kurze Zusammenfassung.
Das Deutsche Embryonenschutzgesetz besteht seit mehr als 30 Jahren nahezu unverändert und verbietet die Eizellspende. Eine Reform wurde von Fachkreisen wiederholt gefordert und auch die Bundesregierung drängt auf eine Reform der momentanen Rechtssituation. Deshalb wurde im vergangenen Jahr eine Kommission aus verschiedenen Fachrichtungen beauftragt, Vorschläge zu erarbeiten. Das Ergebnis wurde am 15. April 2024 vorgelegt. Darin heißt es, die Eizellspende könnte unter engen Voraussetzungen ermöglicht werden.
Es gibt drei Konstellationen der Eizellspende:
Um die Eizellen zu gewinnen, erhält die Spenderin eine hormonelle Stimulationsbehandlung mit Gonadotropinen, die mit regelmäßigen Labor- und Ultraschallkontrollen überwacht wird. Beträgt die Größe des Leitfollikels 12 mm, wird ein GnRH-Antagonist täglich hinzugegeben. Nach etwa 12 Tagen Hormontherapie erfolgt die Ovulationsauslösung mit einem GnRH-Agonisten. Nach 36 Stunden werden die Follikel unter Ultraschall transvaginal punktiert und die Eizellen abgesaugt, meist unter einer Kurznarkose. Ein ovarielles Hyperstimulationssyndrom ist dank moderner Verfahren heute selten, über Komplikationsrisiken wie Infektionen, Nachblutungen, Thromboembolien oder Narkoseunverträglichkeiten ist jedoch aufzuklären.
Die gewonnenen Eizellen werden bis zum Verbrauch eingefroren. Die Empfängerin erhält eine Hormontherapie zur Vorbereitung des Endometriums. Die Befruchtung der Eizellen erfolgt über IVF oder ICSI. Die Eizellen müssen im Labor bis Tag 5 kultiviert werden, um dann in die Gebärmutter der Empfängerin eingesetzt zu werden (Embryonentransfer). Die Schwangerschaftsrate ist mit 50–60 % relativ hoch, deshalb macht ein Transfer mehrerer Embryonen aufgrund des Mehrlingsrisikos weniger Sinn. Bis zur 12. SSW wird eine unterstützende Hormontherapie fortgesetzt.
Bezüglich langfristiger Risiken für die Spenderin ist die Datenlage dünn. Möglich wären ein erhöhtes Karzinomrisiko durch die Stimulationstherapie oder ein erhöhtes Infertilitätsrisiko durch die iatrogen verursachte Manipulation am Ovar. Die erhobenen Daten beziehen sich allerdings vornehmlich auf Frauen mit unerfülltem Kinderwunsch nach Stimulationstherapie und nicht auf gesunde Eizellspenderinnen.
Schwangerschaften nach Eizellspende gelten als Risikokonstellationen. Das Risiko für Plazentationsstörungen und für die Entwicklung einer Präeklampsie ist erhöht. Durch das oft fortgeschrittene Alter der Empfängerin werden häufiger ein Gestationsdiabetes und ein schwangerschaftsinduzierter Hypertonus (SIH) diagnostiziert, die Frühgeburten- und Kaiserschnittrate liegt über dem Durchschnitt. Das kardiovaskuläre und diabetologische Lebenszeitrisiko erhöht sich bei Mutter und Kind.
Bezüglich psychosozialer Aspekte der Eizellspende beruft sich die von der Bundesregierung eingesetzte Kommission auf eine reduzierte Datenlage:
„Zu bedenken ist, dass die wesentlichen Ergebnisse zu den psychosozialen Aspekten der Eizellspende aus letztlich nur zwei umfassenden, methodisch aber hochwertigen britischen Längsschnittprojekten mit vergleichsweise kleiner Teilnehmendenzahl stammen. Deren Befunde sprechen – und dies findet sich auch in Diskursen innerhalb der Reproduktionsmedizin in Deutschland wieder – aus psychosozialer Perspektive für eine weitgehende Unbedenklichkeit der Eizellspende.“
Die sozio-emotionale Situation der Kinder sei weitgehend unauffällig, ebenso die Eltern-Kind-Beziehung und die psychische Gesundheit der Elternteile. Das psychische Wohlbefinden der Kinder scheint unbeeinträchtigt, ebenso die Familienbeziehung.
Medizinethiker warnen vor dem Konflikt der dissoziierten Mutterschaft für das Kind: Statt sich mit einer einzigen Mutter zu identifizieren, hat ein Kind bei einer Eizellspende eine austragende biologische und eine spendende genetische Mutter. Falls das Kind nach einer Eizellspende durch eine Leihmutter ausgetragen wird, bekommt es eine soziale (Wunsch-)Mutter, bei der es dann aufwächst. Sowohl die Interaktionen zwischen Mutter und Kind als auch epigenetische Vorgänge, deren Stellenwert in einer normalen Schwangerschaft oftmals zur Diskussion stehen, werden bei der Konstellation Eizellspende, Leihmutterschaft und Wunschmutter vernachlässigt.
Das bisherige Verbot der Eizellspende ist laut dem Kommissionspapier verfassungsrechtlich nicht haltbar. Eine alleinige Aufhebung des Verbotes der Eizellspende im Embryonenschutzgesetz wäre verfassungsrechtlich ebenfalls nicht zulässig. Wenn der Gesetzgeber die Eizellspende in Deutschland erlaubt, muss er sie gesetzlich regeln, etwa im Rahmen eines umfassenden Fortpflanzungsmedizingesetzes. Weiterhin wird eine Altersgrenze diskutiert. Rechtliche Mutter ist die Frau, die das Kind geboren hat.
Voraussetzung ist immer die Freiwilligkeit und Selbstbestimmung der Spenderin und das Recht des Kindes auf Kenntnis der Abstammung. Die Eizellspenderin muss über die medizinischen Risiken aufgeklärt werden und sollte eine angemessene Aufwandsentschädigung erhalten.
Im europäischen Vergleich ist das deutsche Eizellspendenverbot eine Ausnahme. Von 43 europäischen Ländern ist die Eizellspende nur noch in Bosnien-Herzegowina, in der Schweiz und in der Türkei verboten. Innerhalb Europas haben sich Spanien und Tschechien zu wichtigen Zentren etabliert, so dass etwas mehr als die Hälfte aller in Europa durchgeführten Eizellspenden dort stattfinden. In beiden Ländern erfolgt die Eizellspende anonym. Das Vereinigte Königreich, Finnland und Österreich praktizieren nur die offene Spende, in den USA existieren beide Formen.
Für eine gesetzliche Freigabe der Eizellspende würde das Recht auf individuelle Fortpflanzungsfreiheit und die Gleichstellung der in Deutschland erlaubten Samenspende sprechen. Die Eizellspende sollte, so wie es seit 2018 im Samenspenderregistergesetzt verankert ist, das Recht auf Kenntnis der eigenen Abstammung zur Bedingung haben.
Eine Legalisierung in Deutschland hätte den Vorteil, dass der medizinische Standard hoch ist. Um gegen Ausbeutungsstrategien vorzugehen, wäre eine alleinige altruistische Spende denkbar. Eine angemessene Aufwandsentschädigung wäre auch hierbei möglich. Dabei muss auch an die beteiligten Vermittlungsstellen appelliert werden, deren Interesse eher kommerziell orientiert ist. Letztendlich sind unethische Motive nie ganz auszuschließen.
Die Kommission hat lediglich Empfehlungen ausgesprochen. Ob daraus gesetzliche Änderungen resultieren, ist noch offen. Voraussetzung für eine verantwortungsvolle Praktikabilität scheint ein gut strukturierter gesetzlicher Rahmen, der insbesondere einer kommerziellen Ausbeute von wirtschaftlich weniger potenten Spenderinnen vorbeugt. Die medizinischen Risiken bei und nach einer Eizellspende müssen beachtet werden. Die psychosoziale Entwicklung von Kindern nach Eizellspende scheint nicht beeinträchtigt zu sein, jedoch sollte auf eine zukünftig umfassendere Studienlage zurückgegriffen werden.
Kommission für Eizellspende-Reform: Eine von der Bundesregierung eingesetzte Kommission hat Vorschläge für die Reform des Embryonenschutzgesetzes erarbeitet. Ziel ist es, die Eizellspende unter bestimmten Bedingungen in Deutschland zu ermöglichen.
Medizinische und psychosoziale Aspekte: Die Eizellspende beinhaltet Risiken für die Spenderin (z. B. Infektionen, Karzinomrisiken) und für die Empfängerin (höheres Risiko für Schwangerschaftskomplikationen). Die psychosoziale Entwicklung von Kindern und Familien scheint jedoch weitgehend unbedenklich.
Rechtlicher Rahmen und Schutzmaßnahmen: Der Vorschlag betont das Recht des Kindes auf Kenntnis der Abstammung, die Freiwilligkeit und Selbstbestimmung der Spenderin sowie Maßnahmen gegen kommerzielle Ausbeutung, wobei eine hohe medizinische Qualität und eine angemessene Aufwandsentschädigung gesichert sein sollen.
Brandt P et al. Leihmutterschaft und Eizellspende: Recht auf Fortpflanzungsfreiheit? Omnimed Verlag, 2022.
Hancke K. Ist eine Legalisierung der Eizellspende und der altruistischen Leihmutterschaft möglich? Bericht aus der Kommission zur reproduktiven Selbstbestimmung und Fortpflanzungsmedizin des Bundesministeriums. Die Gynäkologie, 2024.Maio G. Mittelpunkt Mensch – Ethik in der Medizin. Schattauer, 2012.
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