Bisher lautet das Nonplusultra in der RSV-Behandlung: Prophylaxe. Denn sind Kinder erst einmal erkrankt, gibt es keine spezifische medikamentöse Therapie. Das könnte bald ein Ende haben.
Erkrankungen durch das respiratorische Syncytialvirus (RSV) sind in Deutschland die häufigste Ursache für Krankenhausaufenthalte bei Säuglingen. Besonders in den ersten sechs Lebensmonaten sind Kinder anfällig für schwere RSV-Erkrankungen. Seit Juni 2024 empfiehlt die STIKO eine prophylaktische Behandlung mit dem monoklonalen Antikörper Nirsevimab für alle Neugeborenen und Säuglinge während ihrer ersten RSV-Saison. Doch welche therapeutischen Optionen stehen zur Verfügung, wenn Kinder an RSV erkranken? Bisher gibt es keine spezifische medikamentöse Therapie; stattdessen können nur unterstützende Maßnahmen wie ausreichende Flüssigkeitszufuhr, Nasenspülungen oder Beatmung eingesetzt werden.
Ein neuer, oral verfügbarer selektiver RSV-Fusionsinhibitor namens Ziresovir, der an das F-Protein der Virushülle bindet und so das Verschmelzen der Hülle mit der Zellmembran der Lungenzellen verhindert, zeigt vielversprechende Ergebnisse bei der Behandlung von RSV-Infektionen bei Kindern.
Die Ergebnisse einer multizentrischen, doppelblinden, randomisierten, placebokontrollierten Phase-III-Studie wurden kürzlich im New England Journal of Medicine veröffentlicht. Diese Studie wurde an 30 Standorten in China durchgeführt und umfasste insgesamt 546 Kinder im Alter von 1 bis 6 Monaten, die mit einer virologisch bestätigten RSV-Infektion stationär aufgenommen wurden. In der Intention-to-treat-Population waren 244 Kinder eingeschlossen, während die Sicherheits-Population 302 umfasste. Die Teilnehmer wurden im Verhältnis 2:1 randomisiert (Ziresovir:Placebo). Die Kinder in der Ziresovir-Gruppe erhielten gewichtsanpassend über fünf Tage alle zwölf Stunden Dosen von 10 mg, 20 mg oder 40 mg.
Die Gruppe wurde in zwei Teile aufgeteilt: Teil 1 umfasste eine Sicherheits- und Pharmakokinetikanalyse, während Teil 2 die Wirksamkeit bewertete. Im ersten Teil der Studie wurden 54 Teilnehmer behandelt. Nach der Auswertung und Überprüfung der Sicherheits- und Pharmakokinetikdaten wurde die Rekrutierung für den zweiten Teil der Studie fortgesetzt. Der primäre Endpunkt des zweiten Teils war die Veränderung des Ausgangswertes des Wang-Bronchiolitis-Scores innerhalb von 48 Stunden nach der ersten Verabreichung des Studienmedikaments. Der Wang-Bronchiolitis-Score umfasst klinische Symptome wie Atemfrequenz, pathologische Atemgeräusche (Giemen), Brusteinziehungen und das allgemeine Erscheinungsbild (Zyanose); je höher der Score, desto schwerer ist der Zustand des Kindes. Der wichtigste sekundäre Endpunkt war die Abnahme der Viruslast fünf Tage nach Beginn der Intervention.
Die Ergebnisse dieser Studie sind vielversprechend: Die Reduktion des Wang-Bronchiolitis-Scores war mit Ziresovir signifikant größer als mit Placebo (p=0,002), und auch die Reduktion der RSV-Viruslast war in der Ziresovir-Gruppe am Tag 5 größer als in der Placebo-Gruppe. Die Inzidenz von Nebenwirkungen, die mit Ziresovir oder Placebo in Verbindung standen, betrug 16 % und 13 %. Am häufigsten traten Durchfälle (bei 4 % bzw. 2 % der Teilnehmer), erhöhte Leberenzymwerte (bei 3 % in beiden Gruppen) und Ausschlag (bei 2 % bzw. 1 %) auf.
Die Hauptbeschränkungen dieser Studie sind die Verwendung des Wang-Bronchiolitis-Scores, der in Studien zu RSV-Infektionen bislang noch nicht vollständig validiert wurde, sowie die Tatsache, dass die Studie ausschließlich in China durchgeführt wurde. Dennoch sind die Ergebnisse dieser Studie vielversprechend und bieten Hoffnung auf ein neues Medikament zur Behandlung von Kindern mit schweren RSV-Infektionen.
Quelle:
Zhao et al. Ziresovir in Hospitalized Infants with Respiratory Syncytial Virus Infection. N Engl J Med, 2024. doi: 10.1056/NEJMoa2313551.
Bildquelle: Justin Wolff, Unsplash