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Falsch eingenommene Antibiotika können resistente Bakterien hervorbringen – das weiß jeder. Wie wir im Alltag ungeahnt Resistenzen fördern und was Duschköpfe damit zu tun haben.
Auch wenn wir es mit bloßem Auge nicht sehen können: Um, in und auf uns wimmelt es. Denn Viren, Bakterien und Pilze befinden sich als Mikroorganismen auf jeder nur vorstellbaren Oberfläche. Sie sind die unsichtbaren Helferlein, die unsere Verdauung unterstützen, Sauerkraut herstellen oder Pflanzen mit Nährstoffen versorgen.
Insbesondere jetzt im Herbst verbreiten sich virale Infekte wie Lauffeuer. Rhino- und Coronaviren leeren Büroräume und füllen Arztpraxen. Dass Viren daher besonders für Arbeitgeber zum Hassobjekt geworden sind, ist wohl nicht verwunderlich – es lohnt sich aber ein genauerer Blick in die Welt von Phagen und Co. Und diesen Blick sollten wir aufs Badezimmer richten.
Eine aktuelle Studie untersuchte Biofilme von Duschköpfen aus fast 100 verschiedenen Haushalten. Darin fanden die Forscher ein Artenreichtum, mit dem wohl niemand gerechnet hatte: Über 600 Arten von Viren wiesen die Wissenschaftler auf den verschiedenen Proben nach. Die Zusammensetzung der Viren-Gemeinschaften war auf keiner der Proben gleich – laut der Forscher ist dies nicht zuletzt auf die einzigartige Interaktion von Menschen und ihrer Umgebung zurückzuführen. Sowohl das individuelle menschliche Mikrobiom als auch Wasserleitungen und Putzgewohnheiten haben einen Einfluss.
Doch das bedeutet nicht, dass Duschköpfe mit scharfen Reinigungsmitteln gesäubert werden sollten – ganz im Gegenteil. In ihren Proben konnten die Wissenschaftler nämlich verschiedenste Mykobakteriophagen nachweisen. Diese infizieren pathogene Mykobakterien, wie etwa Mycobacterium tuberculosis, den Erreger der Tuberkulose. Diese Phagen könnten laut der Wissenschaftler in Zukunft dazu genutzt werden, Abwasser von pathogenen Erregern zu reinigen. Daher empfehlen die Wissenschaftler, Duschköpfe mit Essig von Kalk zu befreien, statt diese klinisch-rein zu polieren.
Bakterien loszuwerden ist eigentlich ein Leichtes. Penicillin für den Patienten mit Mandelentzündung, Bacillol® für die Oberflächen und eine Runde in den Autoklaven für Pinzette und Schere und wir sind die fiesen Erreger los. Doch was, wenn das Antibiotikum plötzlich nicht mehr anschlägt – einfach den Patienten autoklavieren geht ja leider nicht.
Multiresistente Keime sind ein großes Problem, das uns wohl auch in der Zukunft weiter begleiten wird. Denn Bakterien profitieren von unseren Fehlern. Nehmen Patienten etwa das verschriebene Antibiotikum nicht bis zum Ende ein, kann das dazu führen, dass Bakterien Resistenzen bilden. Das gleiche gilt auch für den Einsatz von Bioziden. Falsch eingesetzt oder zu niedrig dosiert, werden auch die Biozide wirkungslos. Ein aktuelles Review warnt, dass falsch eingesetzte Biozide auch die antimikrobielle Resistenz von Bakterien fördern könnte.
Wie eine Resistenz im Einzelnen aussieht, ist sehr unterschiedlich. Einige Bakterien bringen diese von Haus aus schon mit, wie etwa Mykobakterien. Sie sind weniger empfindlich gegenüber Bioziden, was sie ihrer lipidreichen „Hülle“ aus Mykolsäuren verdanken. Trotzdem kann der Einsatz von Bioziden auch diese Bakterien in Stress versetzten, was die Ausbildung weiterer Resistenzen begünstigen könnte.
Was einige Bakterien schon von Haus aus können, müssen andere erst „aufnehmen“ – mithilfe von horizontalem Gentransfer können Resistenz-Gene auf andere Vertreter übertragen werden. So können auch Bakterien, die zuvor keinem Medikament ausgesetzt waren, Resistenz-Gene aufweisen.
Eine Art der Resistenz, die durch gewisse Gene übertragen werden kann, ist der sogenannte Efflux. In diesem Fall sorgen Efflux-Pumpen für einen schnellen und effektiven Abtransport von Toxinen und unerwünschten Substanzen aus der Zelle – und dieser beschränkt sich nicht nur auf die eingesetzten Biozide. Genau das ist die Gefahr: Werden Biozide bei Bakterien eingesetzt, die weniger empfänglich sind, wie etwa Mykobakterien oder Biofilm-bildende Bakterien, so führt das nicht zum Abtöten dieser, sondern möglicherweise zur Resistenz durch Efflux, durch die auch eine antimikrobielle Resistenz entstehen kann.
Wer also Biozide zur Desinfektion, Wundversorgung oder Hygiene verwendet, sollte sich zwingend an vorgeschriebene Einwirkzeiten und Einsatzgebiete halten.
Die Welt der Mikrobiologie lässt also keine Langeweile aufkommen und bringt täglich neue Erkenntnisse hervor. Ob nun auf dem Duschkopf oder auf eurem Stethoskop – Mikroben beeinflussen unser tägliches Leben und auch wir beeinflussen, welche Kleinst-Organismen sich in unserem Umfeld befinden.
Welche Mikroben beeindrucken euch am meisten?
Bildquelle: Getty Images, Unsplash