Wer kennt sie nicht: Die älteren Patienten, die man fast anschreien muss, damit sie einen verstehen. Doch der Hörverlust ist nicht nur nervig – er kann auch ein Vorbote für Parkinson sein, wie eine neue Studie zeigt.
Für Parkinson gibt es nach wir vor keine kausale Therapie – vorbeugende Maßnahmen sind deshalb besonders wichtig. Doch auf welche Risikofaktoren kommt es an? Diese Frage ist noch nicht in Gänze geklärt. Einen neuen Anhaltspunkt liefert nun eine groß angelegte Studie, die einen Hörverlust als Risikofaktor identifiziert. Das Gute daran: Hörverlust kann man mit Hörgeräten ausgleichen – es ist also ein teilweise modifizierbarer Risikofaktor.
Amerikanische Forscher machten sich für die Studie die zahlreichen Gesundheitsinformationen zunutze, die von US-Veteranen erhoben werden: Insgesamt verwendeten sie Daten von 3.596.365 US-Veteranen, die zwischen 1999 und 2022 einen Audiogrammtest erhielten und zu diesem Zeitpunkt keine Parkinson-Diagnose hatten. Die Veteranen wurden in folgende Gruppen eingeteilt:
Anschließend untersuchten sie, ob die Häufigkeit von neu diagnostizierten Parkinson-Fällen mit dem Grad des Hörverlustes zunimmt. Sie stellten fest, dass das Parkinson-Risiko bei Personen mit Hörverlust im Vergleich zum normalen Gehör um 26 % erhöht war, wobei das Risiko mit der schwere des Hörverlustes stieg:
Hörverlust war unabhängig von anderen Komorbiditäten ein wichtiger Risikofaktor. Trat er allerdings zusammen mit anderen prodromalen Parkinson-Symptomen wie Depression oder Schlafstörung auf, stieg das Parkinson-Risiko nochmal signifikant: Eine Kombination führte zu 21,7 zusätzlichen Parkinson-Fällen pro 10.000 Menschen.
Schließlich wollten die Autoren noch wissen, ob man das Risiko durch Hörverlust mit Hilfe von Hörgeräten verringen kann. Die Antwort: Ja, konnte man. Nutzten die Teilnehmer innerhalb von zwei Jahren nach der Audiogramm-Untersuchung ein Hörgerät, konnten sie ihr Parkinson-Risiko um bis zu 21,6 Fälle pro 10.000 Menschen innerhalb von zehn Jahren verringern. Dass man dem Risiko entgegenwirken kann, sei eine sehr gute Nachricht sagt Erstautor Lee Neison: „Wir kennen bereits viele Risikofaktoren, darunter auch andere sensorische Beeinträchtigungen wie Farbsehen und Anosmie. Aber im Gegensatz zur Anosmie kann Hörverlust gelindert werden.” Deshalb sollten Ärzte verstärkt darauf achten, Hörverlust frühzeitig zu erkennen und Hörgeräte zu verordnen.
Obwohl die Studie eine sehr große Zahl an Teilnehmern beinhaltete, weist sie einige Limitationen auf. Dadurch, dass es sich um US-Veteranen handelte, waren es fast ausschließlich Männer (96 %), die überwiegend weiß (86 %) waren. Ob sich die Ergebnisse auf andere Bevölkerungsgruppen übertragen lassen, muss also noch untersucht werden. Außerdem liefert die Studie keinen Hinweis auf zugrundeliegende Mechanismen.
Dennoch zeigt sie einen wichtigen Ansatzpunkt zur Risikoreduktion auf, wie Neison betont: „Wir müssen noch viel darüber lernen, wie Hörverlust zur Krankheit beiträgt und wie Hörgeräte das Risiko, an Parkinson zu erkranken, senken können. Aber ich würde [unsere Studie] als starken Beweis dafür ansehen, dass man auf Bevölkerungsebene auf Hörverlust untersuchen und dann rechtzeitig eingreifen sollte“
Bildquelle: Levi Meir Clancy, Unsplash