Ein Mann kommt zu mir in die Apotheke und verlangt drei Packungen Krätze-Medikation. So viel habe ich in Zeiten von Lieferengpässen nicht da – aber zu einer anderen Apotheke will er auch nicht. Bin ich schuld, wenn sich seine Familie weiter kratzen muss?
Es ist Samstagnachmittag. Ein junger Mann kommt in die Apotheke mit einem Rezept vom Spital. Auf dem Rezept: Eine Körperlotion, die von der Krankenkasse übernommen wird und Scabi-med®. Genauer gesagt: Drei Packungen Scabi-med® und der Hinweis, das am „Datum heute“ und am „Datum in 10 Tagen“ zu wiederholen.
Scabi-med® ist ein Mittel mit dem Wirkstoff Permethrin gegen Krätze, eine durch ein kleines Spinnentierchen ausgelöste Hauterkrankung, die sich durch juckenden Ausschlag dort äußert, wo die Tierchen sich in die Haut gegraben haben. Sie ist durch direkten Körperkontakt ansteckend und kann ziemlich unangenehm werden, vor allem, wenn man immunsupprimiert ist. Meine Eltern hatten das mal beide – und da meine Mutter Cortison nehmen musste, hatte sie es ausgesprochen stark.
Ich habe noch eine einzige Packung Scabi-med® vorrätig. Nicht drei, nicht sechs. Eigentlich ist eine Packung für die Behandlung einer erwachsenen Person auch ausreichend – hier soll offenbar der Rest der Familie gleich mitbehandelt werden. Demnach macht es Sinn, dass alle gleichzeitig beginnen.
Das Datum des Rezeptes ist von vor drei Tagen. Ich schaue rasch im Computer nach: Aktuell nicht lieferbar. Keine Überraschung – und bei Bestellung würde ich es sowieso erst am Montagmorgen bekommen. Ich informiere den Patienten, dass ich versuchen muss, das Medikament in einer anderen Apotheke zu bekommen. Dann setze ich mich ans Telefon.
Tatsächlich finde ich noch eine Apotheke, die A) noch zwei Tuben hat (wirklich nur zwei) und B) jetzt noch offen hat. Ich überbringe die frohe Nachricht dem Patienten, inklusive Wegbeschreibung zur anderen Apotheke – etwa zwei Kilometer entfernt. Ich selbst kann das Medikament nicht für ihn holen; zu wenig Personal.
Er will nicht selber dorthin gehen – zu viel Aufwand. Und am Montag wiederkommen? Will er auch nicht. Dann bekommt er das Rezept halt wieder mit. Viel Glück!
Ich habe aufgehört, mich über sowas aufzuregen. Ich biete an, was ich machen kann – und wenn das für den Patienten nicht genug ist, gebe ich das Problem wieder an ihn zurück. Ich bemühe mich nach Kräften, nicht Lieferbares zu organisieren. Dass etwas nicht zu bekommen ist, ist ein zunehmendes Problem, aber zaubern kann auch ich nicht. Und im Endeffekt ist das Medikament nur so wichtig, wie es dem Patienten wichtig ist: Seine Krätze? Juckt mich nicht.
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