In Deutschland werden die Hausärzte knapp – zwei Drittel von ihnen sehen die ambulante Versorgung gefährdet. Fragt man jedoch nach, haben die betroffenen Mediziner ganz konkrete Lösungsvorschläge. Welche das sind, lest ihr hier.
Seit Jahren hört man es immer wieder: In Deutschland werden die Hausärzte knapp. Inzwischen ist jeder dritte hausärztlich Behandelnde 60 Jahre oder älter. Und ausreichender Nachwuchs fehlt. So gibt es pro Jahr weniger neue Facharztanerkennungen als (altersbedingte) Ausscheide. Verschärfend kommen noch vermehrte Wünsche nach Teilzeitmodellen und Anstellung hinzu. Laut Statistik der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) gab es im Jahr 2021 deutschlandweit etwa 4.000 offene Stellen. Betroffen sind vor allem ländliche und strukturschwache Regionen.
Aber nicht nur die Primärversorgung leidet: Wenn es zu wenige Hausärzte gibt, hat dies auch Auswirkungen auf andere Bereiche der medizinischen Landschaft – zum Beispiel durch eine weniger gut funktionierende Patientensteuerung bei der Inanspruchnahme von Leistungen. Daher befasst sich auch die Gesundheitspolitik vermehrt mit dem Szenario eines drohenden Mangels in der hausärztlichen Versorgung.
Die Lösungsansätze reichen von der curricularen Umgestaltung des Studiums über Niederlassungsprämien und Stipendien bis hin zur Etablierung neuer Delegationsmodelle an nicht-ärztliches Personal. Doch was sind aus hausärztlicher Perspektive Ursachen für diese Entwicklung und was sollte dagegen getan werden? Diesen Fragestellungen widmete sich eine Umfrage unter 4.176 Hausärzten, die dieses Jahr im Bundesgesundheitsblatt erschienen ist.
Zunächst bestätigt ein Teil der Befragten die oben genannten Zahlen: So gaben 42 % an, in ihrem Umfeld bereits einen Schwund hausärztlicher Praxen bemerkt zu haben. Etwa zwei Drittel erwarten in den kommenden Jahren eine moderate (31 %) oder sogar deutliche (36 %) Verschlechterung der ambulanten Gesundheitsversorgung. Dabei auffällig: Mediziner aus Kleinstädten oder ländlichen Regionen sind tendenziell pessimistischer. Mit den bislang gesundheitspolitisch ergriffenen Maßnahmen zur Stabilisierung der hausärztlichen Versorgung zeigen sich 64 % der Befragten unzufrieden. Vor diesem Hintergrund erleben 53 % eine sinkende Attraktivität der allgemeinmedizinischen Tätigkeit für den ärztlichen Nachwuchs.
Als weitere Belastungsfaktoren geben die Befragten Kostendruck (94 %), zeitaufwändige Bürokratie (92 %) sowie Schwierigkeiten bei der Gewinnung von Praxispersonal (77 %) an.
Um die hausärztliche Versorgung zu sichern, sprechen sich die teilnehmenden Mediziner vor allem für folgende Ansatzpunkte aus:
Auch hier zeigen sich deutliche Unterschiede bezüglich des Tätigkeitsumfelds der Befragten: Einer Landarztquote stehen 45 % der Land- jedoch nur 23 % der urbanen Ärzte positiv gegenüber. Die vermehrte Delegation an nicht-ärztliches Personal befürworten wiederum 56 % der ländlich aber lediglich 32 % der städtisch tägigen Mediziner.
Vorschläge mit insgesamt weniger Zustimmung:
Trotz partieller Fortschritte besteht in den nächsten Jahren noch großer Handlungsbedarf, um die Sicherstellung der hausärztlichen Versorgung zu gewährleisten. Damit praxisorientierte und nachhaltige Lösungen ergriffen werden, erscheint es sinnvoll, bei der Planung und Umsetzung von Maßnahmen neben der Expertise von Sachverständigen auch die Perspektive der Hausärzte selbst zu berücksichtigen. Immerhin plädieren 62 % der Befragten für eine stärkere Einbindung ihrer Berufsvertreter in gesundheitspolitisch relevanten Gremien.
Zum Schluss noch ein Hoffnungsschimmer: Trotz all der beschriebenen Belastungsfaktoren empfiehlt ein hoher Anteil der Befragten (69 %) Medizinstudierenden nach wie vor eine Hausarztkarriere aufgrund der dennoch hohen Berufszufriedenheit in der Primärversorgung.
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