Was tun, wenn Triptane zur Migräne-Therapie versagen? Und was muss man bei Kardio-Patienten beachten? Hier kommen 17 praxisrelevante Tipps.
Migräne wird durch genetische, neurologische, vaskuläre und chemische Faktoren ausgelöst. Diese Komplexität macht es schwierig, universelle Therapien zu entwickeln. Hinzu kommt, dass Migräne in verschiedenen Formen auftreten kann und dass Patienten unterschiedlich auf Medikamente ansprechen. Neurologen der International Headache Society haben nun teils mit Literaturrecherchen, teils im Konsensus-Verfahren versucht, wichtige Fragen der Migräne-Therapie zu beantworten.
Bei Migränepatienten, bei denen nichtsteroidale Antirheumatika (NSAID) oder sonstige Analgetika in angemessener Dosierung und zu Beginn des Anfalls eingenommen ohne Wirkung bleiben, empfehlen die Autoren, beim nächsten Anfall auf ein Triptan umzusteigen.
In diesem Fall raten die Experten zur maximalen Dosis dieses Triptans laut Zulassung. Ist die Wirkung immer noch zu schwach, bleibt Ärzten, das Triptan in anderer Galenik (subkutan oder sublingual stattoral) oder ein anderes Triptan zu verordnen. Zeigen drei Triptane in der entsprechenden Dosis keinen ausreichenden Effekt, ist es an der Zeit, andere Akutmedikamente auszuwählen.
Wenn ein Triptan, das in angemessener Dosierung, Verabreichungsart und zum richtigen Zeitpunkt eingenommen wird, ohne ausreichenden Effekt bleibt, lohnt es sich laut Konsens, ein anderes Triptan auszuwählen. Diese Strategie kann für maximal drei Triptane wiederholt werden. Stellt sich immer noch nicht die erwünschte Wirkung ein, raten die Autoren, die Medikamentenklasse zu wechseln.
Ja: Die Autoren befürworten ein Antiemetikum, sofern keine Kontraindikationen bestehen. Falls verfügbar, können fixe Kombinationen aus Analgetika, NSAID oder Triptanen eingenommen werden.
Bei Migränepatienten, die selbst nach einer Optimierung der Triptan-Behandlung nur teilweise auf Triptane als Monotherapie ansprechen, empfehlen die Experten als erste Wahl die Kombination aus oralem Sumatriptan (50–100 mg) und oralem Naproxen-Natrium (550 mg). Alternativ kann ein Triptan mit jeder schnell freisetzenden oralen Formulierung eines NSAID kombiniert werden.
Gepante inhibieren Effekte des Calcitonin Gene-Related Peptide (CGRP), Lasmiditan ist ein selektiver 5-HT1F-Rezeptoragonist. Beide haben eine Zulassung zur Akuttherapie der Migräne. Die Autoren raten zu deren Einsatz, falls eine Triptan-Monotherapie beziehungsweise eine Kombinationstherapie nicht möglich oder nicht effektiv ist.
Der Einsatz von Mutterkorn-Alkaloiden zur Behandlung akuter Migräneanfälle kann erwogen werden, wenn alle empfohlenen Akutbehandlungen mit besserem Sicherheitsprofil versagt haben.
Patienten mit Migräne ohne Aura sollten ihre Behandlung so früh wie möglich in der Kopfschmerzphase beginnen. Handelt es sich um Migräne mit Aura, raten die Experten zur Einnahme, sobald die Kopfschmerzphase beginnt.
Bei Migränepatienten mit frühzeitigem Erbrechen raten die Autoren zu subkutanen Injektionen, intranasale Sprays, Zäpfchen oder ggf. Sublingualtabletten der genannten Wirkstoffe.
Patienten mit einem Rezidiv nach der ersten erfolgreichen Behandlung sollten eine weitere Dosis desselben Medikaments innerhalb der empfohlenen Dosierungsgrenze einnehmen.
Bleiben die Kopfschmerzen bestehen, lohnt es sich, auf ein anderes Medikament umzusteigen, möglicherweise aus einer anderen Klasse. Die Kombination eines Triptans mit einem NSAID kann ebenfalls sinnvoll sein.
Das Autorenteam gibt Ärzten den Tipp, bei einem Status migraenosus NSAID intramuskulär, Sumatriptan subkutan oder Dihydroergotamin oral bzw. intranasal zu verabreichen – falls erforderlich, in Kombination mit Antiemetika.
In der Notaufnahme können folgende Medikamente verabreicht werden, idealerweise als Infusion: NSAID mit oder ohne Dopaminantagonisten (z. B. Metoclopramid). Patienten mit Migräne, bei denen die vorherigen Optionen nicht ansprechen, können Steroide, periphere Nervenblockaden, intravenöses Magnesium, Natriumvalproat oder Dihydroergotamin erhalten. Opioide eignen sich nicht.
NDSAID, sonstige Analgetika oder Lasmiditan sollten maximal an zwei bis drei Tage pro Woche und an weniger als zehn Tage pro Monat eingenommen werden. Bei kombinierten Analgetika und Triptanen lautet der Rat, die Einnahme auf zwei Tage pro Woche und auf weniger als acht Tage pro Monat zu beschränken.
Bei schwangeren Frauen eignen sich Paracetamol und Triptane während des ersten bis dritten Trimenons, wenn auch mit Vorsicht. Metoclopramid kann bei Bedarf gegen Übelkeit oder Erbrechen verordnet werden.
Während der Stillzeit ist Paracetamol die bevorzugte Wahl. Diclofenac, Naproxen, Triptane und Gepante können mit Vorsicht verordnet werden, z. B. bei einer Unterbrechung des Stillens für 8 bis 12 Stunden.
Zur Behandlung akuter Migräneanfälle bei Kindern und Jugendlichen empfehlen die Experten Paracetamol (15 mg/kg; maximal 60 mg/kg pro Tag) oder Ibuprofen (10 mg/kg; maximal 30 mg/kg pro Tag).
Wenn diese Medikamente nicht wirksam sind, können Triptane als Zweitlinientherapie für Jugendliche eingesetzt werden. Unter den Triptanen sind Rizatriptan (5 mg bei einem Körpergewicht <40 kg, 10 mg bei einem Körpergewicht >40 kg) oder Sumatriptan-Nasenspray (10 mg) zu präferieren, da diese Triptane bei Jugendlichen am besten untersucht sind. Metoclopramid kann bei Übelkeit oder Erbrechen verordnet werden.
Bei Personen über 65 Jahren mit normaler Leberfunktion ist laut internationaler Migräne-Gesellschaft Paracetamol der Wirkstoff der ersten Wahl. Kombinationen von Paracetamol mit Koffein können ebenfalls verwendet werden, wobei auch Koffein Kopfschmerzen auslösen kann.
Als Zweitlinienoption eignen sich ASS/NSAID, je nach Vorerkrankungen der Patienten. Das Risiko von Magen-Darm-Blutungen sowie Einschränkungen bei Nieren- und Leberinsuffizienz sind zu beachten.
Bei Patienten mit einem akuten Migräneanfall, die in der Vergangenheit einen Schlaganfall, Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder unkontrollierten Bluthochdruck erlitten haben, eignen sich Paracetamol als Erstlinienbehandlung und Lasmiditan bzw. Gepante als Zweitlinienoptionen.
Außerdem können NSAID eingesetzt werden, immer runter Berücksichtigung einer gleichzeitigen antithrombotischen Therapie. Antiemetika sind bei diesen Patienten sinnvoll und möglich.
Triptane können unter gründlicher Nutzen-Risiko-Abwägung mit Vorsicht eingesetzt werden, falls die kardiovaskulären Erkrankungen unter Kontrolle sind. Dihydroergotamin und Ergotamin eignen sich bei diesen Patienten nicht.
Bei Frauen mit menstrueller Migräne nennen die Autoren NSAID oder Triptane als erste Wahl. Die Kombination von Triptanen bzw. NSAID mit Antiemetika ist möglich. Lasmiditan und Gepante sind ebenfalls Optionen.
Sollten diese Möglichkeiten nicht ausreichen, können Ärzte Frauen mit regelmäßigem Zyklus vorbeugend Naproxen, Östradiol bzw. langwirksame Triptane wie Naratriptan oder Frovatriptan verordnen.
Quelle
Francesca Puledda et al. International Headache Society global practice recommendations for the acute pharmacological treatment of migraine. Cephalalgia, 2024. doi: 10.1177/03331024241252666
Bildquelle: Tahir osman, Unsplash