HDL-Cholesterin hat ein scheinbar makelloses Image – an dem nun gerüttelt wird. Worauf ihr bei Patienten mit erhöhten HDL-Werten einen genaueren Blick werfen solltet.
Seit Jahrzehnten gibt es ein klares Narrativ bei Cholesterin: LDL-Cholesterin (LDL-C) ist schlecht, HDL-Cholesterin (HDL-C) ist gut. Bei kardiovaskulären Erkrankungen hat sich diese Einteilung auch bewährt. Ein Blick über den Tellerrand zeigt aber: LDL-C hat nicht nur schlechte Eigenschaften – und HDL-C nicht nur gute.
In einer aktuellen Studie haben Forscher den Zusammenhang zwischen Blutfetten und der Entwicklung von Glaukomen untersucht. Dazu nutzten sie Gesundheitsdaten von über 400.000 Patienten aus der UK Biobank.
Die Studiendetails:
Insgesamt entwickelten 6.868 Personen (1,7 %) ein Glaukom. Im Vergleich zum Durchschnitt waren die Betroffenen älter, häufiger Ex-Raucher, hatten ein höheres Taille-Hüft-Verhältnis, nahmen häufiger Statine und hatten häufiger Diabetes, Bluthochdruck und kardiovaskuläre Erkrankungen. So weit, so erwartbar.
Auffällig war allerdings, dass Patienten mit höherem HDL-C – dem „guten“ Cholesterin – ebenfalls häufiger ein Glaukom entwickelten. Gleichzeitig hatten Glaukom-Erkrankte häufiger niedrige LDL-C-, TC- und TAG-Werte. Der Effekt war allerdings nur bei Teilnehmern über 55 Jahren zu beobachten.
Hazard Ratio (HR) für einen Anstieg der Blutfettwerte um eine Standardabweichung:
Eine große Limitation der Studie ist, dass die Blutfettwerte nur ein einziges Mal von nicht nüchternen Patienten gemessen wurden. Es ist also fraglich, wie repräsentativ dieser Wert tatsächlich für den einzelnen Menschen über den Verlauf von durchschnittlich 14 Jahren ist.
Es ist nicht die erste Studie, die nahelegt, dass höhere HDL-C-Werte das Risiko für bestimmte Krankheiten erhöht. Beispielsweise wurde ein Zusammenhang mit koronarer Herzkrankheit (hier), Infektionskrankheiten (hier), altersbedingter Makuladegeneration (hier) und erhöhter Sterblichkeit (hier) gefunden.
Wie so oft gilt aber auch hier: Korrelation ist nicht gleich Kausalität. Es ist zudem auffällig, dass die Unterschiede der Cholesterinwerte in den beiden Gruppen (mit und ohne Glaukom) zwar signifikant waren, der absolute Unterschied zwischen den Werten aber eher gering war. Sehr wahrscheinlich spielen noch eine ganze Reihe anderer Faktoren eine Rolle, die in weiteren Studien erforscht werden müssen.
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