Die Grippewelle ist da und spült mir unzählige Kinder mit besorgten Eltern in die Praxis – obwohl ich meist herzlich wenig tun kann. Wie ich damit umgehe und was ich mir wünschen würde.
Jetzt ist sie also da, die Grippewelle. Zumindest auch in der Presse. Alle berichten vom hohen Krankenstand. Wir in den Praxen erleben das schon seit einem guten Monat, schon seit den abgelaufenen Winterferien. Insbesondere die Schulkinder in den weiterführenden Schulen scheint es diesmal zu erwischen – die klassische Influenza grassiert.
Die Schulklassen sind ausgedünnt, Schätzungen gehen von einem dreimal so hohen Krankenstand unter den 8–15-Jährigen aus wie zur gleichen Zeit des letzten Jahres. Gründe kann man lange suchen: Wir erleben alle drei bis vier Jahre eine etwas stärkere Grippewelle, dieses Jahr kommt das Zusammentreffen mit der RSV-Welle wohl noch dazu, was vor allem für kleinere Säuglinge gefährlich sein kann (und inzwischen gut impfbar ist). Nach den Schulferien um den Jahreswechsel werden die Viren wieder ungehemmt verteilt, das flutet jetzt an bis in die Faschingszeit, dann lässt die Welle wieder nach.
Typisch ist der plötzliche Beginn der Erkrankung mit Abgeschlagenheit, hohem Fieber, Kopf- und Gelenkschmerzen. Eine einfache Erkältung („grippal“) verläuft schleichender, mit beginnendem Schnupfen und Husten, dann auch mal Fieber. Die klassische Influenza kommt „über Nacht“. Dafür dauert sie umso länger. Mit sieben bis zehn Tagen ist man dabei, darunter macht es das Virus nicht. Es macht also wenig Sinn, mit einer klassischen Grippe zweimal in die Praxis zu marschieren, „weil es immer noch nicht weg ist“. Es dauert, wie es dauert.
Was nun tun? Ich sage den Eltern immer: Bettruhe ist das A und O, viel Schlafen (aber wirklich, nicht auf der Couch liegen und die Augen mit Handy und Tablet anstrengen) und eine ausreichende Ernährung. Niemand hat besonderen Appetit in Krankheit, aber die Grippe verlangt dem Körper viel Energie ab. Man verteile das Essen auf mehrere kleine Mahlzeiten, dann isst auch der kleine Hunger mit. Erlaubt ist stets das Lieblingsessen, damit man sich verwöhnen lässt, aber vor allem auch Vitaminreiches wie Obst oder Gemüsesticks und Kräftiges wie eine Hühnersuppe. Wer nicht viel essen mag, sollte wenigstens auf eine gute Hydrierung Wert legen – am besten Warmes wie Tee, um dem Körper durch kalte Getränke nicht noch mehr Energie zu entziehen.
Medikamente sind übrigens meist komplett entbehrlich: Wer mag, kann Kopfschmerzen und hohes Fieber mit Ibuprofen oder Paracetamol senken. Lutschbonbons, Hustentees oder Erkältungsbäder lindern die Symptome und lassen besser schlafen. Andere frei verkäufliche Arzneimittel wie Umckaloabo®, spezielle „Grippemittel“ oder Vitaminpräparate werden seriöse Mediziner nicht empfehlen.
Einmal am Tag raten wir, dass der Organismus in Schwung kommt: Aufstehen, sich waschen, an den gemeinsamen Familientisch setzen, Schuhe an und um den Block laufen, mit dem Hund Gassigehen oder wenigstens den heißen Tee dick eingepackt auf dem Balkon im Stuhl genießen. Der Organismus braucht zwar Ruhe in Grippezeiten, aber die Erholungszeit im Anschluss fällt leichter, wenn man einmal täglich den Blutdruck in Gang bringt.
Überhaupt die Nachgrippezeit: Sobald das Fieber und das Unwohlsein nachlassen, können die Schüler wieder in die Schule gehen. Schul- und Vereinssport sollte man dann noch für eine Woche pausieren, meist ist der Körper noch nicht ausreichend in Schwung. Kreislaufprobleme sind vorprogrammiert.
Eine Grippe dauert länger als eine Woche. Nein, es braucht keine dringende Vorstellung in der Arztpraxis, wenn die Symptome eindeutig sind, weder nach drei Tagen noch nach sieben Tagen. Alarmzeichen sind lediglich extreme Kopfschmerzen oder ein schmerzhafter Husten mit echter Atemnot. Wie bei allen Virusinfektionen kann es auch bei der Influenza zu Komplikationen wie einer Hirnhaut- oder Lungenentzündung kommen.
Schulen verlangen unnötigerweise ärztliche Krankheitsbescheinigungen, ob nach drei Tagen Abwesenheit oder zehn Tagen. Wir bitten die Schulen, von diesen Verpflichtungen Abstand zu nehmen: Kranke werden in die Praxis geschleppt, obwohl eine ärztliche Behandlung nicht nötig (oder möglich) ist, nur um einen Zettel im Sekretariat abzugeben. Glaubt doch bitte den Eltern, wenn sie ihre Kinder krankmelden (die wenigen chronischen Schulschwänzer kann man an einer Hand abzählen und sie erhalten eine Attestpflicht über die Schulkonferenz)!
Bildquelle: guille pozzi, Unsplash