Nehmen Jugendliche heutzutage wirklich Paracetamol, um sich zu berauschen – oder ist das eine Horrorstory, die von den Medien aufgebauscht wurde? Warum ich mir weniger Panikmache wünsche.
Ich scrolle durch meine Timeline und sehe es immer wieder: Die „Paracetamol-Challenge“ macht die Runde – angeblich ein neuer gefährlicher Trend auf Tiktok, bei dem Jugendliche absichtlich zu viel Paracetamol schlucken. Die Schlagzeilen klingen dramatisch, überall wird gewarnt, Experten äußern sich, es gibt Betroffenheitskommentare. Ich frage mich: Wie viele Menschen haben das eigentlich wirklich gemacht, bevor es überall in den Medien stand? Und: Wird so ein Trend nicht erst durch die Berichterstattung zum echten Problem?
Was steckt nun dahinter? Kurz gesagt: Es geht um eine „Challenge“, bei der Jugendliche Paracetamol in gefährlichen Mengen einnehmen, um sich zu berauschen. Klingt absurd? Ist es auch. Denn Paracetamol ist keine Partydroge, sondern ein Schmerzmittel, das in zu hoher Dosis zu massiven Leberschäden und sogar zum Tod führen kann. Anders als Alkohol oder andere Drogen merkt man die Schäden nicht sofort – sie zeigen sich oft erst, wenn es schon zu spät ist.
Laut ersten Berichten soll diese „Challenge“ auf Tiktok kursieren, aber wie bei vielen angeblichen Social-Media-Trends gibt es kaum verlässliche Zahlen dazu, ob sie tatsächlich so verbreitet ist, wie es den Anschein hat.
Ein perfektes Beispiel dafür, wie etwas künstlich aufgeblasen wird, ist die „Sleepy Chicken Challenge“. Vielleicht erinnert ihr euch: Hierbei sollte angeblich Hühnerfleisch in Erkältungsmedikamenten wie Wick® Medinait gekocht und dann gegessen werden. Angeblich kursierte dieser Trend ebenfalls auf Tiktok – doch als Journalisten genauer hinschauten, stellte sich heraus: Es gab kaum bis gar keine echten Videos dazu, sondern nur Warnungen davor.
Ironischerweise waren es dann genau diese Warnungen, die den Begriff „Sleepy Chicken Challenge“ erst so richtig ins Gespräch brachten – plötzlich wurde darüber gesprochen, Witze gemacht, Memes produziert. Und ja, dann gab es natürlich auch ein paar Leute, die es wirklich ausprobiert haben. Vielleicht, weil sie es durch die Berichterstattung erst entdeckt haben?
Wie gefährlich ist es also, über solche Challenges zu berichten? Hierin steckt ein echtes Dilemma: Natürlich muss man davor warnen, wenn Jugendliche sich selbst mit Medikamenten vergiften. Aber ab wann schießt die Berichterstattung über das Ziel hinaus?
Ein paar Gedanken dazu:
Tiktok & Co. sind nicht schuld daran, wenn Menschen Unsinn machen – aber sie haben die Verantwortung, gefährliche Inhalte schnell zu löschen. Und genau das passiert bei echten gefährlichen Trends oft schneller, als Medien es darstellen.
Die „Paracetamol-Challenge“ klingt furchtbar – aber wie viele Jugendliche machen das wirklich? Ich will das Problem nicht kleinreden, aber es ist wichtig, den Unterschied zwischen einer echten Bedrohung und einem künstlich aufgebauschten Hype zu erkennen.
Ja, es ist absolut gefährlich, sich mit Paracetamol zu vergiften. Und ja, Jugendliche neigen manchmal dazu, Dinge zu tun, ohne über die Konsequenzen nachzudenken. Aber vielleicht sollten wir uns als Gesellschaft auch mal fragen, ob wir mit übertriebenen Berichten nicht erst den Funken zünden, der eine „Challenge“ zur echten Gefahr macht.
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