Nur mal kurz auf der Couch ausruhen oder die Mittagspause für ein Nickerchen nutzen: Grade bei jungen Leuten wird das immer beliebter. Powernaps können gesund sein – werden sie jedoch zu lang, sieht das schon ganz anders aus.
Beim Powernap handelt es sich um einen kurzen Mittagsschlaf, der oft nur wenige Minuten andauert. Da es eher ein Einnicken ist, wird im Gegensatz zum Nachtschlaf keine Tiefschlafphase erreicht. Schlafmediziner empfehlen den Zeitraum nach dem Mittagessen zwischen 12 und 14 Uhr. Ideal für einen Mittagsschlaf scheinen bis zu 30 Minuten, bei längerer Dauer fällt es vielen Menschen schwer, wieder richtig fit zu werden und auch die Ruhephase in der Nacht kann beeinträchtig sein.
Diverse Untersuchungen haben gezeigt, dass sich sowohl die kognitive Leistung als auch das allgemeine Wohlbefinden nach einem solchen Powernap erhöhen können (hier und hier). Der Internist, Arbeits- und Umweltmediziner Dr. Gerd Herold sagt dazu: „Ein Kurzschlaf wirkt besser als eine Tasse Kaffee.“
In manchen Kulturen sind kurze regenerative Pausen unter tags weit verbreitet, wie die spanische und lateinamerikanische Siesta oder das Nickerchen auf der Parkbank oder am Arbeitsplatz in Japan (Inemuri). In Deutschland gibt es eine solche Tradition eher nicht – am Tag zu schlafen, kann hierzulande mitunter sogar als Faulheit abgestempelt werden. Aber wie ist die Lage tatsächlich? Auch vor diesem Hintergrund hat die Pronova BKK im Herbst 2024 2.000 volljährige Männer und Frauen, davon 1.200 Berufstätige, online befragt, um einen Einblick in die Schlafgewohnheiten der Deutschen zu erhalten.
Müdigkeit während der Arbeit ist etwas, das die Meisten kennen: Jeder zweite Berufstätige gab sogar an, sich häufig müde zu fühlen. Mit 64 % sind die 18- bis 29-Jährigen am stärksten betroffen. Für viele bietet das Homeoffice die Chance mit einen kurzen Erholungsschlaf die Energiereserven zwischendurch aufzuladen, auch wenn dieser nicht als Kompensation für zu wenig Nachtschlaf eingesetzt werden sollte. Voraussetzung sind natürlich klare Absprachen mit dem Arbeitgeber bezüglich der eigenen Erreichbarkeit. Wie viele Berufstätige diese Möglichkeit nutzen, zeigt die Befragung: 39 % machen immer wieder einen Powernap, 26 % verzichten darauf und 35 % bietet sich nicht die Möglichkeit, da sie zum Beispiel nicht von zu Hause aus arbeiten.
Vor allem bei den 18- bis 29-Jährigen scheint dieses Erholungskonzept beliebt: fast 60 % gönnen sich hin und wieder die kurze Auszeit im Homeoffice. Knapp die Hälfte in dieser Altersgruppe geben an, sich dadurch deutlich leistungsfähiger zu fühlen. Auch wünscht sich mehr als jeder Zweite die Möglichkeit für einen Powernap am Arbeitsplatz, was der höchste Wert aller Altersklassen ist.
Je älter Berufstätige sind, desto seltener machen sie einen Kurzschlaf. Laut Dr. Herold zeigt sich hier ein Generationenunterschied: Ältere Berufstätige seien mit dem Gedanken aufgewachsen, dass Schlafen während des Arbeitstags tabu sei. „Die Generation Z hingegen sagt sich: ‚Wenn ich müde bin, mache ich einen Powernap und arbeite danach produktiver weiter.‘“
Bezüglich der Auswirkungen von regelmäßigen Mittagsschläfen auf die körperliche und psychische Gesundheit gibt es heterogene Daten. Wohingegen einige Studien positive Effekte wie verlangsamter kognitiver Abbau im Alter, Stressreduktion und verringertes Auftreten von Herzkreislauferkrankungen finden, gibt es auch Untersuchungen, die wiederum Hinweise auf ein gesteigertes Risiko für kardiovaskuläre und metabolische Krankheiten sowie eine erhöhte Gesamtsterblichkeit liefern.
Eine mögliche Erklärung für diese Diskrepanz könnte darin liegen, dass Menschen mit Vorerkrankungen häufiger dazu neigen, sich mittags hinzulegen. In solchen Fällen wäre also der Powernap nicht die Ursache für gesundheitlichen Probleme, sondern die Befunde könnten sich dadurch erklären, dass eine Gruppe mit ohnehin erhöhtem Risiko ihn öfter ausübt. Eine andere mögliche Ursache könnte in der Dauer des Mittagsschlafs liegen: So zeigt eine Metaanalyse bei einer Schlafdauer von unter 30 Minuten positive Auswirkungen auf die Gesundheit, wohingegen ab 60 Minuten regelmäßiger Mittagsschlafdauer mit negativen Effekten und einer höheren Gesamtmortalität zu rechnen ist.
Alles in allem scheint das regelmäßige Powernapping auch in Deutschland Einzug zu finden und die Vorteile sind vor allem bei jüngeren Beschäftigten beliebt. Wem es möglich ist, sich seine Zeit frei einzuteilen, kann sich überlegen, die Chance auf eine kurze Erholungspause nutzen.
Quellen:
Dutheilet et al: Effects of a Short Daytime Nap on the Cognitive Performance: A Systematic Review and Meta-Analysis. Int. J. Environ. Res. Public Health, 2021. doi: 10.3390/ijerph181910212
Shaji George et al: The Science and Timing of Power Naps: Investigating the Cognitive and Physical Benefits of Brief Daytime Sleep. Partners Universal Innovative Research Publication, 2024. doi: 10.5281/zenodo.10673171
Tomohide Yamada et al: Daytime Napping and the Risk of Cardiovascular Disease and All- Cause Mortality: A Prospective Study and Dose-Response Meta-Analysis. Sleep, 2015. doi: 10.5665/sleep.5246
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