Viel zu trinken ist wichtig – kann aber je nach Patient und Vorerkrankung nach hinten losgehen. Insbesondere bei Herzinsuffizienz ist das Limit schnell erreicht. Worauf Ärzte achten müssen.
Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) empfiehlt für Erwachsene je nach Alter zwischen 1,3 bis 1,5 Liter pro Tag zu trinken. Hinzu kommt die Flüssigkeitsaufnahme durch die Nahrung, die zwischen rund 700–900 ml betragen sollte. Bei Hitze, beim Sport oder einer anstrengenden körperlichen Arbeit kann aber das Drei- bis Vierfache notwendig sein. Nehmen wir zu wenig Flüssigkeit zu uns, kann dies negative Folgen für den Organismus haben, wie z. B. Kopfschmerzen, ein dunkler Urin, Bewusstseinstrübungen oder Organschäden.
Eine Studie aus dem Jahr 2003 konnte zeigen, dass bereits ein moderater Flüssigkeitsmangel den systolischen Blutdruck um bis zu 7 % und die Herzfrequenz um 5 % erhöhen kann. Dies könne laut den Autoren langfristig zu einer arteriellen Hypertonie und einem erhöhten kardiovaskulären Risiko führen. Eine zu geringe Flüssigkeitsaufnahme kann über die Noradrenalin-vermittelte Aktivierung auch das Auftreten von Vorhofflimmern, Herzinfarkten und Schlaganfällen begünstigen. Zudem belegte eine Studie aus dem Jahr 2020, dass eine nicht ausreichende Flüssigkeitszufuhr in einem signifikanten Zusammenhang mit einem erhöhten BMI stehen kann. Die Autoren der Studie empfehlen, die Flüssigkeitsaufnahme in das Gewichtsmanagement mit einzubeziehen. Eine Studie aus dem Jahr 2022 berichtet davon, dass eine verminderte Flüssigkeitszufuhr das Auftreten einer Herzinsuffizienz begünstigen kann. Gemessen wurde dies anhand des Serumnatriumspiegels. Die Forscher empfehlen daher eine tägliche Flüssigkeitszufuhr von anderthalb bis zwei Liter für Frauen und zwei bis drei Liter für Männer. Die Flüssigkeitsaufnahme per se sollte aber nicht übertrieben werden, denn es gilt nicht „viel hilft viel“. Wer zu viel trinkt, der tut seinem Körper nichts Gutes, sondern kann ihm sogar schaden. Es droht eine Hyperhydratation mit einer Verschiebung der Elektrolyte.
Patienten mit einer Herzinsuffizienz dürfen, um das Herz nicht übermäßig zu belasten, häufig nur eine bestimmte Flüssigkeitsmenge am Tag zu sich nehmen. Von daher besteht die Notwendigkeit einer sehr genauen Überwachung des Flüssigkeitshaushaltes. Die nationalen Versorgungsleitlinien empfehlen eine Trinkmenge von 1,5 Litern pro Tag für Menschen mit einer Herzinsuffizienz. Hinzu kommt noch die Flüssigkeit aus Lebensmitteln, die über den Tag zugeführt werden. Im Rahmen einer akuten kardialen Dekompensation oder einer weit fortgeschrittenen Herzinsuffizienz kann die empfohlene Trinkmenge jedoch niedriger sein und muss individuell festgelegt werden. Es ist ratsam, die erlaubte Flüssigkeitsmenge gleichmäßig über den Tag zu konsumieren. Dies kann unter anderem gegen das Durstgefühl helfen, was unter der Einnahme von Diuretika verstärkt auftreten kann.
Gerade für Menschen mit einer Herzinsuffizienz können die hohen Temperaturen im Sommer eine Herausforderung werden – auch im Hinblick auf die Flüssigkeitsbilanz. Hat man in den kühleren Monaten ein gutes Gleichgewicht zwischen einer Diuretika-Einnahme und Flüssigkeitsaufnahme gefunden, kann dies bei Hitze schon wieder ganz anders aussehen. Der Körper gibt über den Schweiß nicht nur Wärme, sondern auch Flüssigkeit und Elektrolyte ab. Dies können bei sehr heißem Wetter bis zu 2 Liter täglich sein. Elektrolyte wie Kalium und Magnesium sind wichtig für Herzfunktion und Blutdruckregulation. Wird eine Diuretika-Therapie in diesem Fall nicht angepasst oder die Flüssigkeitszufuhr optimiert, droht eine Dehydratation. Es kann zu Kopfschmerzen, einer Nierenschädigung oder Bewusstseinsstörungen kommen. Ähnliches gilt für Durchfallerkrankungen oder hohes Fieber – auch dies kann zu einem erhöhten Flüssigkeitsverlust führen.
Tägliches Wiegen hilft, die Flüssigkeitsbilanz zu kontrollieren und die notwendige Trinkmenge festzulegen. Patienten mit einer kardialen Erkrankung, besonders diejenigen mit einer Herzinsuffizienz, sollten sich morgens vor dem Frühstück und nach dem ersten Gang zur Toilette wiegen. Durch zusätzliches Wiegen am Abend lässt sich die Flüssigkeitsbilanz über den Tag grob einschätzen. Ist das Körpergewicht um mehr als 500 Gramm angestiegen, ist die Trinkmenge zu hoch. Wer als Herzinsuffizienter trotz Flüssigkeitszufuhr abgenommen hat, sollte in Abstimmung mit dem Arzt die Dosierung der Diuretika herabsetzen, empfiehlt die Deutsche Herzstiftung. Zu berücksichtigen ist allerdings, dass bei vielen Menschen die natürlichen Körpergewichts-Schwankungen deutlich über 500 Gramm liegen und es somit je nach Ausgangsgewicht oft erst bei Werten über einem Kilogramm oder noch mehr sinnvoll ist, an Wassereinlagerungen zu denken.
Auch bei Patienten mit Vorhofflimmern ist die richtige Trinkmenge von Bedeutung. Herr Dr. Matthias Riedl, Diabetologe, Ernährungsmediziner, Internist, Geschäftsführer und ärztlicher Direktor des Medicum Hamburg, rät: „Betroffene sollten auf eine ausreichende Trinkflüssigkeitsmenge achten – mindestens 1,5 Liter Flüssigkeit pro Tag – und zusätzlich ein Trinktagebuch führen. Bei erhöhter Ballaststoffaufnahme, erhöhter körperlicher Aktivität, heißen Tagen und bei Krankheitsfall sollte die Trinkflüssigkeitsmenge außerdem erhöht werden.“
Wasser ist für den menschlichen Körper unverzichtbar. Menschen mit einer Herzerkrankung sollten auf eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr achten, es aber nicht übertreiben, denn das belastet das Herz und kann zur kardialen Dekompensation führen. Ein tägliches Wiegen und ein Trinktagebuch können helfen, die optimale Trinkmenge festzulegen. Zudem sollten die äußeren Umstände, wie extreme Temperaturen oder Infekte, mit in die Bilanzierung einfließen.
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