Wenn die Haut älter wird, wird sie trockener – und das kann unangenehm sein. Warum ihr bei kratzenden Patienten als erstes einen Blick auf den Medikamentenplan werfen solltet und ob Ernährung helfen kann, lest ihr hier.
Etwa 14 % der Deutschen leiden an chronischem Pruritus, wobei die Prävalenz mit zunehmendem Alter signifikant ansteigt. Bei Personen über 60 Jahren sind bis zu 20 % betroffen, etwa ein Drittel sind es bei den über 80-Jährigen. Chronischer Pruritus ist eine allgemeine Bezeichnung für anhaltenden Juckreiz, der länger als sechs Wochen besteht. Er kann viele Ursachen haben, darunter trockene Haut (Xerosis cutis), systemische Erkrankungen (z. B. Leber- oder Niereninsuffizienz), neurologische Störungen oder medikamentöse Nebenwirkungen. Die Diagnose und Therapie richten sich nach der jeweiligen Grunderkrankung oder einer symptomatischen Behandlung des Juckreizes. Die Patienten leiden sehr unter diesem Krankheitsbild, das nicht nur den Schlaf und das Wohlbefinden beeinträchtigen kann, sondern auch das Risiko für Hautschäden und Infektionen erhöht.
Pruritus senilis ist eine spezielle Form des chronischen Juckreizes, die ausschließlich ältere Menschen betrifft. Sie ist oft auf altersbedingte Hautveränderungen zurückzuführen. Ein Hauptmerkmal ist zum einen die Hautatrophie. Mit zunehmendem Alter nimmt die Fett- und Feuchtigkeitsproduktion der Haut ab, wodurch sie trockener und anfälliger für Juckreiz wird. Eine weitere Ursache ist die verminderte Hautbarrierefunktion. Die Schutzfunktion der Haut wird im Alter schwächer, was zu erhöhter Empfindlichkeit gegenüber Umweltreizen führt. Eine reduzierte Talg- und Schweißproduktion trägt zusätzlich zur Trockenheit und Reizung der Haut bei und auch altersbedingte Veränderungen in der Nervenfunktion können dazu führen, dass Juckreiz stärker empfunden wird oder leichter ausgelöst wird.
Dennoch muss im Alter immer eine genaue Differenzialdiagnostik erfolgen, da Juckreiz auch durch systemische Erkrankungen (z. B. Nierenerkrankungen, Lebererkrankungen oder Diabetes) bedingt sein kann. Die Therapie konzentriert sich bei Pruritus senilis auf eine konsequente Hautpflege, Feuchtigkeitsspender und antipruritische Externa wie Polidocanol oder Menthol. Falls der Juckreiz schwerwiegend ist, können Antihistaminika, Gabapentinoide, Calcineurininhibitoren oder niedrig dosierte Kortikosteroide erwogen werden.
Aufgrund von altersbedingten Erkrankungen ist Polypharmazie bei Senioren weit verbreitet, was das Risiko für Wechsel- und Nebenwirkungen deutlich erhöht. Einige der häufigsten Arzneimittel, die mit Pruritus in Verbindung gebracht werden, sind:
Potenziell auslösende Medikamente sollten identifiziert und die Medikation gegebenenfalls angepasst werden. Die Patienten können hierzu die pharmazeutische Dienstleistung „Erweiterte Medikationsberatung bei Polymedikation“ nutzen. Dabei werden die Wechselwirkungen, Dosierungen und mögliche Nebenwirkungen von Arzneimitteln überprüft, insbesondere bei Patienten, die fünf oder mehr verordnete Medikamente dauerhaft einnehmen. Wichtig ist die Unterscheidung, ob der Pruritus auf primär läsionaler Haut (mit sichtbaren Hautveränderungen) oder auf primär nichtläsionaler Haut (ohne sichtbare Veränderungen) auftritt. Bei letzterem sollten systemische Ursachen in Betracht gezogen und entsprechend abgeklärt werden. Achtung: Der durch Medikamente ausgelöste Juckreiz kann sowohl mit als auch ohne Exanthem auftreten.
Die Rolle der Ernährung bei chronischem Pruritus ist ein aufkommendes Forschungsfeld. Obwohl spezifische diätetische Empfehlungen derzeit begrenzt sind, kann eine ausgewogene Ernährung, die reich an essenziellen Fettsäuren, Vitaminen und Antioxidantien ist, die Hautgesundheit unterstützen. Eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr ist ebenfalls entscheidend, um die Hauthydration aufrechtzuerhalten. Bei Verdacht auf Nahrungsmittelunverträglichkeiten oder -allergien sollte eine gezielte Diagnostik erfolgen.
Auf dem EADV-Kongress wurden neue Therapieansätze für chronischen Pruritus vorgestellt. Ein Schwerpunkt lag auf der Entwicklung von JAK-Inhibitoren, die in Studien vielversprechende Ergebnisse bei der Reduktion von Juckreiz zeigten. Diese zielgerichteten Therapien könnten insbesondere für Patienten mit therapierefraktärem Pruritus eine neue Option darstellen.
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