Als ergänzende oder als palliative Therapie erhalten Patienten mit einem Prostatakarzinom Präparate, um ihren Testosteronspiegel zu senken. Steigt der PSA-Wert postoperativ wieder an, macht eine sofortige Pharmakotherapie nicht unbedingt Sinn.
Prostatakarzinome sind in ihrem Wachstum oft stark von Testosteron abhängig. Um den Hormonspiegel abzusenken, greifen Ärzte bei metastasierenden Tumoren als palliative Therapie zu Analoga des Gonadotropin-Releasing-Hormons (GnRH). Dazu gehören Buserelin, Goserelin, Leuprorelin oder Triptorelin. Eine Gabe von GnRH-Analoga ist auch ergänzend zu anderen Therapiemaßnahmen möglich, beispielsweise nach einer Bestrahlung oder einer Prostatektomie. Unerwünschte Folgen sind depressive Zustände, Schweißausbrüche, Hitzewallungen, eine nachlassende Libido, erektile Dysfunktionen sowie der Abbau von Muskeln. Langfristig steigt das Osteoporose-Risiko.
Grund genug für Wissenschaftler, auf dem Jahrestreffen der American Society of Clinical Oncology (ASCO) neue Daten zu präsentieren. Ausgangspunkt ihrer Studie war die Frage, ob Ärzte beim Ansteigen des prostataspezifischen Antigens (PSA) sofort mit einer Hormontherapie beginnen sollten. Einerseits hemmen GnRH-Analoga das weitere Wachstum von Tumoren, andererseits leiden Patienten stark unter Nebenwirkungen. Auch bleiben trotz hoher PSA-Spiegel viele Betroffene über Jahre hinweg beschwerdefrei.
Aus Daten des „Cancer of the Prostate Strategic Urologic Research Endeavor“-Registers, das rund 14.000 Männer mit einem Prostatakarzinom erfasst, leitet Xabier Garcia-Albeniz von der Harvard School of Public Health in Boston jetzt klare Empfehlungen ab. Warten Ärzte mit einer Hormontherapie, bis der PSA-Wert stark angestiegen ist oder bis weitere Symptome hinzugekommen sind, hat das keine negativen Effekte auf die Mortalität. Die Fünf-Jahres-Überlebensrate war bei späterer Pharmakotherapie sogar geringfügig, aber nicht statistisch signifikant, höher. In der Gruppe mit sofortiger Gabe von GnRH-Analoga fand Garcia-Albeniz eine leicht erhöhte Sterblichkeit.
Dabei sind Patientenregister nicht ohne Bias – warum Ärzte eine therapeutische Entscheidung treffen, lässt sich schwer nachvollziehen. Nur eine randomisierte, klinische Studie könnte Abhilfe schaffen und offene Fragen klären.