Schichtarbeit bringt unseren Körper aus dem Takt – mit messbaren Folgen für die Gesundheit. Wie man mit einem ganz bestimmten Essensrhythmus gegensteuern kann, erfahrt ihr hier.
Für Eilige gibt’s am Ende des Artikels eine Zusammenfassung.
Für viele Menschen gehört Schichtarbeit zum Berufsalltag – gerade für Ärzte und Pflegekräfte im Krankenhaus oder für Mitarbeiter im Rettungsdienst. Doch sie zahlen für die unregelmäßigen Arbeitszeiten einen hohen Preis: Nachtarbeit bringt unsere innere Uhr aus dem Takt. Das hat messbare Folgen für Herz und Kreislauf.
Eine US-amerikanische Studie hat erstmals untersucht, ob der Zeitpunkt der Nahrungsaufnahme dabei eine Rolle spielt. Die Forscher haben in einem kontrollierten Experiment 20 gesunde Teilnehmer ohne Schichtarbeitserfahrung in zwei Gruppen aufgeteilt. Beide Gruppen mussten eine simulierte Nachtschicht absolvieren – die einen aßen dabei wie üblich tagsüber und nachts, die anderen ausschließlich tagsüber.
Das Ergebnis: Nur in der Gruppe mit nächtlichen Mahlzeiten fanden die Wissenschaftler auffällige Marker für die Herzgesundheit. Die Herzfrequenzvariabilität nahm ab – ein Zeichen für eine verminderte Aktivität des parasympathischen Nervensystems, das für Erholung und Regeneration zuständig ist. Gleichzeitig stiegen die Werte des gerinnungsfördernden Faktors PAI-1, was auf ein erhöhtes Thromboserisiko hinweist. In der Gruppe mit rein tagsüber eingenommenen Mahlzeiten beobachteten die Wissenschaftler nichts Besonderes – trotz gleichem Schlafmangel und verschobener Wachzeiten. Auch der Blutdruck war in dieser Gruppe nach der Nachtschicht signifikant niedriger als zuvor, während er sich bei den anderen nicht veränderte.
Den Gedanken, das Essen zeitlich zu regulieren, haben auch andere Forscher aufgegriffen: Sie fanden heraus, dass ein zehnstündiges Essensfenster (Time-Restricted Eating, TRE) auch für Schichtarbeiter mit 24-Stunden-Diensten praktikabel ist und gesundheitliche Vorteile bringen könnte. In der Untersuchung mit 137 Feuerwehrleuten zwischen 23 bis 59 Jahren verkürzte sich die tägliche Essensdauer in der TRE-Gruppe innerhalb von zwölf Wochen von durchschnittlich 14,1 auf 11,1 Stunden am Tag.
Ein Großteil der Probanden war vergleichsweise gesund; hier änderten sich Biomarker durch die Intervention nicht in relevantem Umfang. Effekte gab es jedoch bei Personen mit erhöhtem Risiko für Herz-Kreislauf- und Stoffwechselerkrankungen. Der Langzeitblutzucker (HbA1c) und der diastolische Blutdruck bei ihnen sanken signifikant. Zudem verbesserten sich die VLDL-Werte (Very Low Density Lipoprotein) – ein Molekül, das mit einem erhöhten Herzkrankheitsrisiko in Verbindung steht. Auch das allgemeine Wohlbefinden nahm zu, gemessen anhand des standardisierten Gesundheitsfragebogens SF-36.
Doch nicht nur das Herz ist potenziell in Gefahr: Eine Metaanalyse aus dem Jahr 2022 zeigt, dass Schichtarbeit mit messbaren Einbußen in der geistigen Leistungsfähigkeit einhergeht. Forscher werteten 18 Studien mit insgesamt fast 19.000 Teilnehmern aus. Ihre Erkenntnis: Menschen, die in Schichten arbeiten, schneiden bei Tests zu Konzentration, Reaktionsgeschwindigkeit und Gedächtnis signifikant schlechter ab als Kontrollen mit regulärem Tagesrhythmus. Am stärksten betroffen war die kognitive Kontrolle, also die Fähigkeit, Gedanken und Handlungen gezielt zu steuern. Auch das Arbeitsgedächtnis, die visuelle Aufmerksamkeit und die psychomotorische Wachsamkeit litten unter der unregelmäßigen Arbeitszeit.
Doch was tun? Im Artikel fordern die Autoren spezielle Leistungen für Menschen mit Schichtarbeit, etwa ausreichende Erholungsphasen, Lichttherapie oder Schulungen im Umgang mit Schlafdefiziten.
Auch das Immunsystem ist durch Schichtarbeit in Gefahr. Eine Auswertung der US-amerikanischen National Health Interview Survey zeigt: Wer zu wenig oder zu viel schläft, hat ein höheres Risiko für Infekte. Außerdem erkranken Menschen mit rotierenden Schichtplänen um 20 % häufiger an Infektionen als Personen mit Tagesarbeitszeiten. Auch hier blieben nur ausreichende Ruhepausen als Möglichkeit gegenzusteuern, wie die Autoren schreiben.
Zusammenfassung für Eilige
Quellen
Chellappa et al.: Daytime eating during simulated night work mitigates changes in cardiovascular risk factors: secondary analyses of a randomized controlled trial. Nat Commun, 2025. doi: 10.1038/s41467-025-57846-y, online.
Vlasak et al.: Neurocognitive impairment in night and shift workers: a meta-analysis of observational studies. Occup Environ Med, 2022. doi: 10.1136/oemed-2021-107847, online.
Manoogian et al.: Feasibility of time-restricted eating and impacts on cardiometabolic health in 24-h shift workers: The Healthy Heroes randomized control trial. Randomized Controlled Trial Cell Metab, 2022, online.
Prather et al.: Associations between sleep duration, shift work, and infectious illness in the United States: Data from the National Health Interview Survey. Sleep Health, 2021. doi: 10.1016/j.sleh.2021.05.004, online.
Bildquelle: Serda Eser, Unsplash