Die Peritonealdialyse wird immer beliebter. Rund um Operationen werden viele Patienten aber auf eine Hämodialyse umgestellt. Eine Studie zeigt jetzt: Das sollte man lassen.
Bei der Wahl eines Dialyseverfahrens stehen mit der Hämodialyse und der Peritonealdialyse zwei etwa gleichwertige Verfahren zur Verfügung. In Deutschland entscheiden Patienten und Behandler sich noch in über 90 % der Fälle für die Hämodialyse – verbunden mit 3 wöchentlichen mehrstündigen Besuchen im Dialysezentrum. Die Zahl derer, die sich für die Peritonealdialyse entscheiden, die selbstständig im häuslichen Umfeld durchgeführt werden kann, steigt jedoch weltweit langsam aber sicher an. In anderen europäischen Ländern sind es teils schon über 20 % – etwa in Dänemark oder Schweden. Weltweiter Spitzenreiter ist Hongkong: Hier werden fast 70 % der Dialysepatienten mittels Peritonealdialyse versorgt.
Dialysepatienten haben allgemein ein erhöhtes Risiko für kardiovaskuläre Erkrankungen. Etwa 40 % der Betroffenen haben eine koronare Herzerkrankung und benötigen damit auch häufiger kardiovaskuläre Operationen. Bislang beschäftigten sich nur wenige Forschungsarbeiten mit der Wahl des Dialyseverfahrens rund um Operationen.
In der spärlichen, teils widersprüchlichen Literatur gab es bislang jedoch Hinweise, dass Patienten mit Peritonealdialyse nach Herzoperationen ein höheres Risiko für Komplikationen haben als Patienten unter Hämodialyse. Darum werden Peritonealdialyse-Patienten häufig für die perioperative Phase auf Hämodialyse umgestellt. Mit wachsender Beliebtheit der Peritonealdialyse steigt nun aber auch die Relevanz der Frage, wie mit diesen Patienten perioperativ am besten verfahren werden sollte – es müssen also groß angelegte Studien her.
Diesen Bedarf sah auch das nordamerikanische Forscherteam um Ankur Shah. In einer großen retrospektiven Kohortenstudie untersuchte das Team daher den Einfluss des Dialyseverfahrens auf das postoperative Outcome nach kardiovaskulären Operationen. Aus dem US-amerikanischen National Inpatient Sample wurden insgesamt 30.155 Dialysepatienten rekrutiert, die sich im Zeitraum von 2016 bis 2020 entweder einer koronaren Bypass-Operation (78,5 %), einem Herzklappenersatz (34,3 %) oder sogar beiden Operationen (12,8 %) unterziehen mussten. Vor der Operation wurden 92,9 % der Patienten regelmäßig mittels Hämodialyse und 7,1 % mittels Peritonealdialyse behandelt. Bei fast allen Hämodialyse-Patienten (99,3 %) wurde das Verfahren auch perioperativ beibehalten. Von den Peritonealdialyse-Patienten wurde hingegen knapp ein Viertel perioperativ auf Hämodialyse umgestellt.
Die Autoren verglichen das postoperative Outcome der Patienten in Abhängigkeit von der gewählten Dialysemodalität. Der primäre Endpunkt war die Mortalität im Krankenhaus während des stationären Aufenthalts. Sekundär analysierten die Forscher zudem, welche Patienten länger mechanisch beatmet werden mussten (> 96 h) sowie die Länge und die Kosten des Krankenhausaufenthalts. Um den Einfluss von demografischen und klinischen Faktoren auf das Outcome zu minimieren, wurden Variablen wie z. B. Alter, Geschlecht, Schwere von Begleiterkrankungen, Diabetes, Bluthochdruck oder Herzinsuffizienz in den statistischen Berechnungen berücksichtigt.
Das Ergebnis der Analysen war deutlich: In allen untersuchten Endpunkten schnitt die Peritonealdialyse besser ab als ihre große Schwester. Die Mortalität während des Krankenhausaufenthalts war mit 4,4 % in der Peritonealdialyse-Gruppe deutlich geringer als unter Hämodialyse (7,8 %; OR 0,61). Peritonealdialyse-Patienten mussten seltener länger als 96 h beatmet werden (OR 0,51) und der Krankenhausaufenthalt war im Schnitt kürzer (Inzidenzraten Ratio 0,85) und günstiger – sogar um gut 87.000 US-Dollar.
Eine Subgruppen-Analyse ergab zudem, dass sich bei den Patienten, bei denen perioperativ von der Peritonealdialyse zur Hämodialyse gewechselt wurde, das Outcome substanziell verschlechterte: Sie hatten dann ein erhöhtes Risiko für eine verlängerte Beatmungszeit und einen längeren und entsprechend teureren Krankenhausaufenthalt als Patienten, die weiterhin die gewohnte Peritonealdialyse erhielten. Besondere Risikofaktoren waren in diesem Zusammenhang u. a. das Vorhandensein einer Herzinsuffizienz oder einer pAVK.
Die Autoren schließen daraus, dass die Peritonealdialyse im Kontext von kardiovaskulären Operationen ein sicheres – und möglicherweise sogar das bessere – Nierenersatzverfahren ist. Sie werten ihre Ergebnisse vor allem als Hinweis darauf, dass Peritonealdialyse-Patienten perioperativ wann immer möglich bei der Peritonealdialyse bleiben sollten.
Auf die Frage, warum die Peritonealdialyse der Hämodialyse in den untersuchten Punkten überlegen sein könnte, liefern die Autoren gleich mehrere mögliche Antworten. Die Peritonealdialyse ist eine kontinuierliche Methode, bei der sich der Flüssigkeitsaustausch über einen längeren Zeitraum erstreckt. Daher ist das Risiko für Volumenschwankungen und Elektrolytstörungen geringer – entsprechend auch für die möglichen Komplikationen. Zudem ist bei einer Peritonealdialyse keine Antikoagulation notwendig. Dadurch könnte das postoperative Blutungsrisiko sinken – obwohl unklar ist, wie viele Patienten aus anderen Gründen eine Antikoagulation erhielten. Weiterhin benötigt man für die Peritonealdialyse keinen zentralen Venenzugang. Es könnte über diesen Weg also weniger Infektionen geben.
Den Punkt, dass die Peritonealdialyse durch den direkten Zugang zum Bauchraum auch ein nicht zu vernachlässigendes Infektionsrisiko birgt, sprechen die Autoren allerdings nicht an. Welche Gründe letztlich hinter den Beobachtungen stecken, lässt sich aufgrund des retrospektiven Studiendesigns nicht sagen – hier müssen weitere Studien angreifen. Ebenso werden weitere Studien benötigt, um den langfristigen postoperativen Verlauf zu untersuchen, da in der vorliegenden Studie nur der initiale Krankenhausaufenthalt analysiert wurde.
Auch wenn die Autoren dazu aufrufen, die Peritonealdialyse perioperativ möglichst beizubehalten, weisen sie ergänzend darauf hin, dass hierfür besonderes Material und geschultes Personal verfügbar sein müssen. Das Vorgehen wird daher nicht in allen Fällen realistisch sein. Auch gibt es Fälle, in denen eine Umstellung auf die Hämodialyse medizinisch indiziert ist – z. B. bei insuffizienter Ultrafiltation oder Peritonitis. Daher warnen die Autoren auch gleichzeitig, dass die Beobachtungen in der Patientengruppe, die von Peritoneal- auf Hämodialyse umgestellt wurde, mit Vorsicht zu genießen seien. Es könne sich dabei nämlich um eine besonders vulnerable Gruppe handeln, bei denen die Peritonealdialyse aus medizinischen Gründen nicht fortgesetzt werden konnten. Möglicherweise liegt darin bereits der Grund für das beobachtete erhöhte Risiko.
Im Vergleich zu anderen Studien, die teils eine höhere Komplikationsrate unter Peritonealdialyse beobachteten, lag die postoperative Mortalität in der vorliegenden Studie mit 4,4 % eher am unteren Ende der Skala (vgl. 2–58 % in anderen Studien). Auch die postoperative Mortalität in der Hämodialysegruppe war im Vergleich zu anderen Arbeiten geringer, der Unterschied war jedoch weniger groß (7,8 % vs. 1,6–15 %). Die Autoren vermuten, dass die große Varianz früherer Studienergebnisse auf kleine Kohorten, Unterschiede in der Patientenauswahl, die verbleibende Nierenfunktion oder auch Confounder zurückgeht. Die vorliegende Studie untersuchte eine große Kohorte aus einem repräsentativen, nationalen Datensatz. Die Ergebnisse könnten entsprechend belastbarer sein als die aus vorherigen Untersuchungen.
Bildquelle: Indira Tjokorda, Unsplash