Die chronisch obstruktive Lungenkrankheit (COPD) entwickelt sich oft unbemerkt. Dabei verbessert eine frühe Behandlung die Lebensqualität deutlich. Mediziner aus den USA haben nun im Sputum einen Biomarker für COPD gefunden. Dieser soll eine zeitige Diagnose erleichtern.
Ein ansonsten gesunder Patient stellt sich bei seinem Hausarzt mit langanhaltendem Husten und Auswurf vor. Bei der Anamnese macht der Arzt schnell einen Risikofaktor ausfindig: Sein Patient ist Raucher. Obwohl bei der körperlichen Untersuchung die Auskultation der Lunge unauffällig ist, könnte eine chronische Bronchitis vorliegen. Sind Atemgeräusche wie Pfeifen oder Brummen feststellbar, ist meist schon ein moderates Stadium der chronisch-obstruktiven Lungenerkrankung (COPD) erreicht. Ist dieses Pfeifen und Brummen nicht zu hören, wird der Arzt eine COPD eher nicht in Betracht ziehen. Dabei wäre eine frühe Diagnose hilfreich. COPD lässt sich zwar nicht heilen, eine rechtzeitige Behandlung ist dennoch wichtig, denn so können die Symptome gelindert und die Lebensqualität deutlich verbessert werden. COPD geht mit der fortschreitenden, irreversiblen Verengung der Atemwege einher. Laut WHO steht die COPD weltweit an vierter Stelle der Erkrankungen, die die meisten Todesfälle nach sich zieht.
Als erstes Hilfsmittel zur Diagnose von COPD greift der Arzt in der Regel zur Spirometrie. Bei diesem Lungenfunktionstest wird das Lungenvolumen durch die maximale Ex- und Inspiration sowie die forcierte Atmung gemessen. Dass es bei diesem Test aber auch zu Fehleinschätzungen kommen kann, zeigt eine Studie aus dem Jahr 2015 (DocCheck berichtete). Das Team um Elizabeth A. Regan aus Denver untersuchte 8.872 aktive und ehemalige Raucher, die mindestens eine Packung Zigaretten am Tag rauchten. Bei der Hälfte der Probanden wurden die Lungen aufgrund der spirometrischen Untersuchung als gesund eingestuft. Im CT fanden sich jedoch bei 42 Prozent der als gesund eingestuften Patienten obstruktive Veränderungen der Atemwege – eine beginnende COPD. Bis Einschränkungen im Lungenfunktionstest nachweisbar sind, ist meist schon ein großer Teil des Lungengewebes zerstört. Um das Fortschreiten einer COPD im frühen Stadium zu verlangsamen oder zu verhindern, ist eine rechtzeitige Diagnose wichtig.
Die Global Initative for Chronic Obstructive Lung Disease (GOLD) hat 2017 die Richtlinien zur Einteilung des Schweregrads für COPD überarbeitet. Bislang entscheidendes Kriterium war die in der Spirometrie ermittelte Verringerung der Einsekundenkapazität (FEV1) sowie die forcierte Vitalkapazität (FVC). Unter Einbeziehung der Ausprägung der Symptome und Exazerbationen ergaben sich so bisher je nach Schweregrad vier GOLD-Stadien. Wie die Studie von Elizabeth A. Regan jedoch zeigt, gibt es zwischen FEV1, Symptomen und Beeinträchtigung des Gesundheitszustands aber nur einen schwachen Zusammenhang. Daher werden in der überarbeiteten Richtlinie die spirometrischen Parameter nun getrennt von Symptomen und Exazerbationen betrachtet. Dadurch bekommen letztere eine größere Gewichtung in der Einteilung des Schweregrads. Das soll die individuelle Diagnose verfeinern und die Behandlung verbessern.
Obwohl Sputum zum Hauptsymptom einer COPD zählt, wird es bislang zur Einschätzung des Schweregrades nicht herangezogen. Mediziner der University of North Carolina at Chapel Hill, USA, könnten nun aber im Sputum einen geeigneten Biomarker für COPD gefunden haben. Die Forscher entdeckten, dass der Bronchialschleim von Patienten mit COPD, eine höhere Konzentration an Muzinen aufweist. Muzine sind die strukturgebenden Bestandteile im Bronchialschleim und bestehen aus Proteinen und unterschiedlich langen Kohlenhydratketten. Dieser Schleim bedeckt das Epithel der Atemwege und fängt Krankheitserreger sowie Schadstoffe ab und sorgt für den Abtransport in Richung Rachen. Die optimale Zusammensetzung des Bronchialschleims ist dabei maßgeblich am Erfolg des Selbstreinigungsmechanismus, der mukoziliären Clearance, der Lunge beteiligt. Bei Gesunden besteht der Schleim zu 98 Prozent aus Wasser und zu etwa zwei Prozent aus Feststoffen, darunter hauptsächlich Muzine. Bei Patienten mit COPD ist dieses Gleichgewicht gestört; ihr Bronchialschleim weist eine doppelt so hohe Konzentration an Muzinen auf. Dadurch bleibt der Schleim am Bronchialepithel kleben und es bilden sich Klumpen, die beim Husten ausgeworfen werden. In der Studie untersuchten die Forscher mittels Massenspektroskopie Sputum von 917 Probanden. Diese setzten sich aus Nichtrauchern als Kontrolle sowie COPD-Patienten der verschiedenen GOLD-Stadien zusammen. Unter den Teilnehmern waren auch langjährige Raucher mit schwerer COPD. Die Muzin-Konzentration von Patienten mit schwerer COPD betrug dabei im Mittel 3166 µg/ml und 1515 µg/ml bei Nichtrauchern – dieser Wert gilt in diesem Fall als Normalwert. Die Konzentration stieg bei Probanden mit zwei oder mehr Exazerbationen auf 4194 µg/ml im Mittel an. Ein Anstieg der Muzin-Konzentration ging demnach mit einer Verschlechterung der Erkrankung einher.
„Als nächsten Schritt wollen wir einen praktischen Test entwickeln, der Ärzten die Diagnose einer chronischen Bronchitis oder COPD erleichtert“, erklärt Erstautor Prof. Mehmet Kesimer. „Das ist ein wichtiger Schritt in der COPD-Forschung“, sagt James P. Kiley, Direktor des National Heart, Lung and Blood Institute (NHLBI) in einer Pressemittleilung: „Wenn wir verstehen, wie sich Mukus zum Schweregrad der Erkrankung verhält, hilft uns das bei der Entwicklung neuer Therapien.“ Dabei könne es sich laut Studienautoren um Therapien handeln, die auf das Wiederherstellen des Muzin-Gleichgewichts in den Bronchien abzielt und dadurch Symptome lindert.