Im Kampf gegen Malaria sind medizinisch-pharmazeutische und technische Methoden gefragt. Mit „SMS for Life“ gelingt es Apothekern in Afrika, Patienten mit sicheren Pharmaka zu versorgen. Impfungen rücken trotz einiger Schwächen auch in greifbare Nähe.
Sportliche Großereignisse werfen ihre Schatten voraus. Bei der Fußball-Weltmeisterschaft 2014 wird Malaria in Brasilien ein großes Thema für Ärzte und Apotheker sein. Allerdings treten 90 Prozent aller weltweiten Todesfälle in afrikanischen Ländern auf. Wissenschaftlern ist es bis heute nicht gelungen, die Krankheit zu kontrollieren.
Das wäre mit Vakzinierungskampagnen möglich. Als erster Malariaimpfstoff wird RTS,S Mitte 2015 auf den Markt kommen. Studienergebnisse deuten auf einen Impfschutz von 30 bis 50 Prozent hin, je nach Patientengruppe. Für Experten ist RTS,S ein Schritt in die richtige Richtung, aber kein Ersatz für Schutzmaßnahmen und Therapien. Ihr Ziel lautet, im nächsten Schritt wirksamere Immunisierungen zu entwickeln. Wissenschaftler des Deutschen Zentrums für Infektionsforschung (DZIF) setzen jetzt auf abgeschwächte Formen des Malariaerregers. Bei der sogenannten PfSPZ Challenge injizieren sie Plasmodium falciparum intravenös. Hinzu kommt ein Arzneistoff zur Malariaprophylaxe. Das Resultat: abgeschwächte Erreger — und ein wirksamer Impfschutz. Nach Erfolgen im Tiermodell begann Ende April eine klinische Phase-I-Studie, mit der das neue Impfverfahren auf Wirksamkeit und Sicherheit getestet wird. Forscher aus Edinburgh und Münster verfolgen eine andere Strategie. Sie haben aus allen bekannten Oberflächeneiweißen von Malaria-Erregern im Merozoiten-Stadium ein „Superprotein“ entwickelt. Mit molekularbiologischen Tricks schleusten sie die Erbinformation in Tetrahymena ein. Diese Wimperntierchen sind eng mit Plasmodien verwandt und exprimieren entsprechende Proteine in größerer Menge. Nach der Aufreinigung führte das künstliche Eiweiß zu starken Immunreaktionen bei Tieren. Bleibt als Hoffnung, die Wandlungsfähigkeit von Plasmodien zu umgehen, weitere Studien müssen folgen.
Neben Impfungen sind neue, innovative Wirkstoffe das zweite Standbein bei Malaria. Hier macht ein Public-Private-Partnership-Projekt Schlagzeilen: GlaxoSmithKline (GSK) stellt Teile seiner Laborflächen im Entwicklungszentrum Tres Cantos, Madrid, zur Verfügung. Einige Besonderheiten des „Open Labs“: Rund 20 Gäste aus diversen Hochschulen forschen Hand in Hand mit GSK-Wissenschaftlern. Ihnen stehen rund zwei Millionen kleiner Moleküle (small molecules) aus Substanzbibliotheken zur Verfügung, inklusive Robotertechnologie zum Screening. Im Gegensatz zu üblichen Gepflogenheiten werden Resultate sofort veröffentlicht, um weitere Arbeitsgruppen zu inspirieren. Bei einem ersten Screening fand das Team 13.500 Chemikalien mit Anti-Malaria-Aktivität. Davon erwiesen sich 400 Moleküle als vielversprechend. Statistisch schaffen es vielleicht fünf potenzielle Kandidaten bis in die Phase III, und ein neues Medikament wird schließlich zugelassen.
Wissenschaftler setzen nicht nur auf neue Moleküle, sondern versuchen, bestehende Verfahren zu optimieren. Am Max-Planck-Institut für Kolloid- und Grenzflächenforschung wurde ein Reaktor entwickelt, damit sich die Artemisinin-Ausbeute bei Extraktionen verbessert. Der Trick: Dehydroartemisininsäure, eine Vorstufe, wandelt sich photochemisch in das begehrte Artemisinin um. Mit diesem Wissen gründete der Biochemiker Peter Seeberger Artemiflow: ein soziales Unternehmen mit dem Ziel, preisgünstiges Artemisinin zu produzieren. Im Idealfall sollen diese Schritte vor Ort bei Farmern und letztlich beim Patienten durchgeführt werden. Doch zunächst braucht die junge Firmer Gelder, um ihr Verfahren bis zur Marktreife zu bringen.
Schön und gut — um in einem Land wie Tansania trotz schlechter Infrastrukturen hochwertige Medikamente bereitzustellen, braucht es weitere Tricks. Im Rahmen eines Pilotprojekts testete Jim Barrington von Novartis Kurznachrichten (SMS) als Mittel der Wahl. Ihm gelang es, 129 Einrichtungen der Gesundheitsversorgung engmaschig zu vernetzen und eine gemeinsame Datenbank für Medikamente aufzubauen. Im Mittelpunkt stehen hochwertige Präparate mit Chinin beziehungsweise Artemether plus Lumefantrin. Während seiner Studie verringerte sich die Zahl an Versorgungsstationen mit zu geringen Vorräten von 78 auf 26 Prozent. Patienten hatten Zugriff auf sichere Präparate, ohne sich aus dubiosen Quellen versorgen zu müssen — auch ein Beitrag gegen Fälschungen. Auf dieser Basis entwickelte Novartis „SMS für Life“ nach dem Public-Private-Partnership-Modell weiter. Zusammen mit Vodafone entstand ein Lagerhaltungs- und Bestellsystem für Arzneimittel gegen Malaria. Jetzt folgen weitere Projekte in Ghana, Kenia, Kamerun und in der Demokratischen Republik Kongo. Trotz dieser ambitionierten Projekte darf nicht vergessen werden, dass laut Weltgesundheitsorganisation 3,9 Milliarden Euro pro Jahr für den Kampf gehen Malaria benötigt würden. Derzeit stagniere die Finanzierung bei weniger als der Hälfte dieser Summe, kritisieren WHO-Repräsentanten.