Obwohl wir uns dessen nur selten bewusst sind, beruhen schon einfachste Körperbewegungen auf der komplexen Kommunikation zahlreicher verteilter Hirnregionen. Forscher untersuchten nun die Kopplung verschiedener Hirnrhythmen zwischen der Hirnrinde und dem Striatum.
Das Corpus striatum ist als Teil der Basalganglien, die eine wichtige Rolle für die Generierung von Körperbewegungen spielt. Um den Zusammenhang zwischen Bewegungen und Hirnrhythmen besser zu verstehen, untersuchten Dr. Constantin von Nicolai vom Werner Reichardt Centrum für Integrative Neurowissenschaften (CIN) der Universität Tübingen und Kollegen die neuronale Aktivität unter Bewegung auf einem Laufband. Die Wissenschaftler fanden zwei prominente Hirnrhythmen – einen langsamen und einen schnellen –, die beide von der Laufgeschwindigkeit abhingen. Diese Rhythmen traten nicht isoliert voneinander auf, sondern zeigten ein charakteristisches Interaktionsmuster: Die Phase der langsamen Rhythmen, also der genaue Zeitpunkt im Aktivitätszyklus, modulierte die Stärke schneller Rhythmen durch eine sogenannte Phasen-Amplituden-Kopplung. Zudem waren die langsamen Rhythmen zwischen der Hirnrinde und dem Striatum präzise synchronisiert. Die Tübinger Wissenschaftler konnten zeigen, dass diese beiden Prozesse zusammen Pulse von schnellen Rhythmen zwischen den Hirnregionen koordinieren. Diese Ergebnisse zeigen einen neuen grundlegenden Mechanismus auf, wie verschiedene Hirnrhythmen für die Kommunikation zwischen Hirnregionen zusammenarbeiten können. Langsame Hirnrhythmen synchronisieren die Aktivität von Hirnregionen auf einer globalen Skala, während schnelle Rhythmen wichtig für die lokale Informationsverarbeitung sind. Die Koordinierung schneller Rhythmen zwischen Hirnregionen durch langsame Rhythmen könnte also der Integration von lokalen und globalen Informationsverarbeitungsprozessen dienen.
Die Ergebnisse von von Nicolai und Kollegen leisten auch einen Beitrag zum besseren Verständnis von Erkrankungen des Gehirns. So spielen Veränderungen von Hirnrhythmen wahrscheinlich auch eine Rolle bei verschiedenen neurologischen und psychiatrischen Erkrankungen, wie etwa dem Morbus Parkinson. Tatsächlich treten Störungen der von den Tübinger Wissenschaftlern untersuchten Interaktionen zwischen Gehirnrinde und Striatum auch bei der Parkinsonerkrankung auf. Die Studie liefert wichtige Hinweise für ein besseres Verständnis solcher komplexer Krankheitsmuster. Originalpublikation: Corticostriatal Coordination through Coherent Phase-Amplitude Coupling Constantin von Nicolai et al.; Journal of Neuroscience, doi: 10.1523/JNEUROSCI.5007-13.2014; 2014