Richter sprechen Tacheles: Wie jede staatliche Behörde unterliegt der Gemeinsame Bundesausschuss dem Informationsfreiheitsgesetz. Ein Hersteller klagte auf Herausgabe diverser Details – und bekam in weiten Teilen Recht. Das führt zu mehr Transparenz bei Entscheidungen.
Nicht ohne Grund bezeichnen böse Zungen den Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) als „kleinen Gesetzgeber“ mit weit reichendem Einfluss auf die Gesundheitsbranche. Gerade die Bewertung von Innovationen entscheidet oft über Gedeih oder Verderb eines neuen Präparats – vielleicht sollte deshalb sogar von einem „großen Gesetzgeber“ gesprochen werden. Ähnlich sieht es bei der Weitergabe von Informationen aus.
Zum Hintergrund: Ein Hersteller wollte beim G-BA mehr zur Entscheidung über Montelukast erfahren. Der Wirkstoff ist in einem Präparat des Unternehmens enthalten. Dabei prallten zwei Welten aufeinander: Während der Konzern mit seinen Rechten gemäß Informationsfreiheitsgesetz argumentierte, lehnte der G-BA die Anwendung entsprechender Regelungen ab. Vielmehr, so die Argumentation, handele es sich nicht um öffentlich-rechtliche Verwaltungsaufgaben, sondern um normsetzende Aufgaben.
Der Hersteller klagte, und rannte bei Juristen offene Türen ein. Anfang 2011 sprach sich das Verwaltungsgericht Köln dafür aus, das Informationsfreiheitsgesetz hier sehr wohl anzuwenden. Juristen fordern vom G-BA, über Gutachter und Ausschussmitglieder zu berichten sowie Sitzungsunterlagen an den Hersteller zu geben. Dieses Gremium ging umgehend vor dem Oberverwaltungsgericht (OVG) für das Land Nordrhein-Westfalen in Berufung. Jetzt liegt das Urteil vor.
Hier argumentierte der G-BA, pharmazeutische Unternehmen oder andere Interessengruppen könnten im Vorfeld von Sitzungen Mitglieder des Unterausschusses Arzneimittel kontaktieren, sprich beeinflussen. Und weiter: Seien personenbezogene Daten der Mitglieder des Unterausschusses Arzneimittel bekannt, drohe die Beeinträchtigung künftiger Beratungen. Das sahen Richter am OVG nicht so. Sie forderten den G-BA vielmehr auf, Informationen über alle Personen zu liefern, die am Montelukast-Verfahren beteiligt waren. Der Hersteller solle Namen, akademische Grade, Berufe und Funktionen im Gremium erhalten.
Darüber hinaus befasste sich das OVG auch mit der Frage, inwieweit gefährliche Beeinflussungen zu befürchten seien. Hier argumentierten die Richter, sie würden von Entscheidungsträgern erwarten, dass diese sich „professionell verhalten“ und „unlauteren Versuchen der Einflussnahme durch Dritte wiederstehen“. Ein kleiner Wermutstropfen bleibt aber doch: Protokolle aus vertraulichen Sitzungen sind nicht für die Augen Dritter bestimmt. Diese könnten laut OVG unter Verschluss bleiben, wie gehabt.