Mikrobiologen haben nun gezeigt, dass viele Krankheitserreger Gene für den Abbau von Itaconsäure besitzen. Zudem fanden sie heraus, dass die Erreger die Itaconsäure auch als Kohlenstoff- und Energiequelle für ihr Wachstum nutzen.
Makrophagen gehören zu den Fresszellen des Immunsystems und beseitigen Krankheitserreger, die in den menschlichen Körper eingedrungen sind. Dazu nehmen die Makrophagen die Eindringlinge in ihr Inneres auf, um sie mit verschiedenen antibakteriellen Substanzen zu vernichten. Die Fresszellen produzieren unter anderem die sogenannte Itaconsäure: Sie hemmt den Stoffwechsel der Bakterien und verhindert, dass diese im Wirt überleben. Doch die Bakterien haben aufgerüstet: Mikrobiologen der Arbeitsgruppe um Dr. Ivan Berg vom Institut für Biologie II der Universität Freiburg haben gezeigt, dass viele Krankheitserreger Gene für den Abbau von Itaconsäure besitzen. Zudem fanden sie heraus, dass der Abbau der Säure für die Erreger nicht nur eine Entgiftung ist: Sie nutzen die Itaconsäure auch als Kohlenstoff- und Energiequelle für ihr Wachstum. Der Itaconsäureabbauweg ermöglicht es Krankheitserregern (rot), innerhalb eines Phagolysosoms im Makrophagen (blau) zu überleben. © Jahminy Sasikaran
Für die Vermehrung in Makrophagen benötigen Bakterien Nährstoffe, wobei sie hauptsächlich auf die Fettsäuren ihrer Wirtszellen zurückgreifen müssen. Die Produktion der Itaconsäure durch Makrophagen ist speziell gegen den Fettsäure-Stoffwechsel der Erreger gerichtet: Die Itaconsäure hemmt den wichtigsten Schritt in diesem Stoffwechselweg, der eine zentrale Bedeutung für den Aufbau von Zellbausteinen und Vitaminen hat. Das hindert die Bakterien am Wachstum. Der Weg, den die Freiburger Forscher entdeckt haben, ermöglicht es einigen Erregern, dennoch zu überleben und den vermeintlichen Hemmstoff als Nahrungsquelle zu nutzen. Zu diesen gehören der Pesterreger Yersinia pestis und der Darminfektionserreger Salmonella Typhimurium. Die Gene für den Abbau von Itaconsäure finden sich in vielen Pathogenen. Aber auch in vielen nichtpathogenen Mikroben sind sie vorhanden. Dies deutet darauf hin, dass die Säure für viele Bakterien eine wichtige Kohlenstoffquelle ist. Das Gen für das Schlüsselenzym des Abbauweges ist auch bei Menschen und anderen Säugertieren zu finden. Das entsprechende menschliche Enzym dient vermutlich zur Entgiftung und Wiederverwertung der produzierten Itaconsäure.
Die Arbeit der Freiburger Forscher zeigt ein Beispiel für das Wettrüsten zwischen Wirt und Krankheitserregern: Sobald der Wirt antimikrobielle Verbindungen gegen Krankheitserreger entwickelt, versuchen die Bakterien diesen Verbindungen ihre Wirksamkeit zu nehmen und sie sogar zu ihrem Nutzen zu verwenden. Die Freiburger Mikrobiologen vermuten, dass der Abbauweg von Itaconsäure als zukünftiger Angriffspunkt für die Entwicklung neuer Medikamente dienen könnte. Originalpublikation: Bacterial itaconate degradation promotes pathogenicity Jahminy Sasikaran et al.; Nature Chemical Biology, doi: 10.1038/nchembio.1482; 2014