In der Ursachenforschung zur Entstehung von Lymphomen gibt es noch viele offene Fragen. Forscher präsentieren nun einen neuen molekularen Mechanismus, der Tumorzellen in den programmierten Zelltod treibt.
Mit über 1.000 Neuerkrankungen jährlich, zählen Lymphome zu den häufigsten Tumorerkrankungen, wobei alle Altersgruppen von Lymphomen betroffen sein können. „Durch die Entwicklung neuer Therapieansätze konnte in den letzten zehn Jahren ein großer therapeutischer Fortschritt in der Behandlung erzielt werden“, beschreibt Mag. Dr. Alexander Deutsch, Klinische Abteilung für Hämatologie der Med Uni Graz. Im fortgeschrittenen Stadium der Erkrankung beträgt die Heilungsrate jedoch nach wie vor unter 50 Prozent, sodass weiterhin die Notwendigkeit der Entwicklung einer zielgerichteten Therapiemaßnahme besteht. „Trotz der Häufigkeit von Lymphomen ist über deren molekulare Entstehungsmechanismen noch relativ wenig bekannt“, fügt Alexander Deutsch hinzu.
In bösartigen Lymphomen konnten die Wissenschafter der Med Uni Graz eine stark verminderte bis gänzlich fehlende Aktivität zweier Transkriptionsfaktoren (NR4A1 und NR4A3) identifizieren. Transkriptionsfaktoren sind DNA bindende Eiweißstoffe, welche die Regulation komplexer genetischer Programme im Körper übernehmen. „Speziell ein niedriger NR4A1-Gehalt in der Tumorzelle bedingt einen wesentlich aggressiveren Krankheitsverlauf“, beschreibt Alexander Deutsch ein wichtiges Ergebnis der durchgeführten Studie. Dieser aggressivere Krankheitsverlauf ist in weiterer Folge mit einer schlechteren Prognose für den Patienten verbunden.
Versuche im Mausmodell lassen jedoch hoffen. „Im Labor ist es uns durch Gentransfer von NR4A1 in die Tumorzelle gelungen, die Lymphomzelle in den programmierten Zelltod zu treiben“, so Alexander Deutsch. Ein Transfer des Transkriptionsfaktors NR4A1 in Lymphomzellen führt im Labor also zum Tod der Tumorzelle. In weiterer Folge gelang es den Wissenschaftern Substanzen zu identifizieren, welche im Zellversuch den NR4A1-Gehalt auf ein höheres Niveau treiben und somit die Lymphomzellen in den programmierten Zelltod treiben.
Die Bedeutung des Eiweißkörpers NR4A1 für die Regulation des Zelltodes von Lymphomzellen bzw. dessen tumorunterdrückende Wirkungsweise, stellt ein bedeutendes Forschungsergebnis dar. „Im Modell konnte durch eine medikamentöse Anhebung des zellulären NR4A1-Gehalts im Lymphdrüsentumor bereits ein Tumorzelltod ausgelöst werden“, berichtet Alexander Deutsch. In diesen Forschungserfolgen sehen die Grazer Wissenschafter die Basis für eine zukünftige medikamentöse Therapie bei Patienten mit Lymphdrüsenkrebs. Originalpublikation: NR4A1-mediated apoptosis suppresses lymphomagenesis and is associated with a favorable cancer specific survival in patients with aggressive B-cell lymphomas Alexander Deutsch et al.; Blood, doi: 10.1182/blood-2013-08-518878, 2014