Hinter Scharlach, Haut- und Racheninfektionen steckt oftmals das Bakterium Streptococcus pyogenes. In weniger entwickelten Ländern fehlen häufig günstige und gut verträgliche Antibiotika für die Therapie. Forscher fanden nun heraus, dass Trimethoprim hier geeignet sein könnte.
Das weit verbreitete Bakterium Streptococcus pyogenes ist neben Scharlach, der Kinderkrankheit mit dem charakteristischen Hautausschlag, für viele Entzündungen der Haut verantwortlich. Die Infektion kann schwerwiegende Spätfolgen wie akutes rheumatisches Fieber und Entzündungen der Niere nach sich ziehen. In Deutschland verschreiben Ärzte normalerweise das Antibiotikum Penicillin. In weniger entwickelten Ländern kommt Penicillin nicht immer infrage. Zum einen ist es häufig nicht verfügbar, zum anderen treten dort oft Ko-Infektionen, mit Staphylococcus aureus auf, einem Bakterium, gegen das Penicillin häufig nicht mehr wirkt.
Wissenschaftler um Dr. Patric Nitsche-Schmitz vom HZI haben in Kooperation mit dem Nationalen Referenzzentrum für Streptokokken in Aachen untersucht, inwieweit das Antibiotikum Trimethoprim in diesen Fällen helfen kann. Trimethoprim hemmt ein für das bakterielle Wachstum wichtiges Enzym des Folsäure-Stoffwechsels, die sogenannte Dihydrofolatreduktase. So verhindert es, dass sich die Bakterien weiter im Körper vermehren. Bislang haben Ärzte vom Einsatz des Medikaments bei Infektionen mit Streptokokken abgeraten. Grund dafür war die weitverbreitete Annahme, dass die Bakterien von vornherein eine Resistenz gegen das Mittel haben – ein Irrtum, wie nun immer deutlicher wird. Dieses Missverständnis ist darauf zurückzuführen, dass in früheren Studien ein Nährmedium verwendet wurde, das die antimikrobielle Wirkung von Trimethoprim abschwächt. Mit dem Hemmhoftest überprüfen Wissenschaftler, ob Bakterien gegen bestimmte Antibiotika resistent sind. Die Filterplättchen enthalten ein Antibiotikum, das empfindliche Bakterien am Wachsen hindert. © HZI / Bergmann und Nitsche-Schmitz
Die Forscher haben Proben infizierter Patienten aus Deutschland und Indien auf ihre Resistenz gegen Trimethoprim untersucht. Bei der Mehrheit von ihnen stellten sie keine Unempfindlichkeit fest. „Das zeigt, dass Trimethoprim bei vielen Infektionen mit Streptococcus pyogenes wirksam ist“, sagt Nitsche-Schmitz. Sein Team interessierte sich auch für die Fälle, in denen die Bakterien nicht auf das Mittel reagierten. Hier fanden sie zwei verschiedene Formen der Resistenz. „Im Gen für die Dihydrofolatreduktase können spontan Mutationen stattfinden, so dass Trimethoprim das dadurch veränderte Enzym nicht mehr angreifen kann und wirkungslos wird“, erklärt Nitsche-Schmitz. Die Forscher konnten in vielen Proben eine spezielle Mutation dieses Gens nachweisen, die die Streptokokken resistent macht. Darüber hinaus können Bakterien untereinander auch Kopien veränderter Varianten des Dihydrofolatreduktase-Gens weitergeben. Durch diesen sogenannten horizontalen Gentransfer verbreiten sich Resistenzen besonders schnell. Zwei solche Gene ermittelten die Wissenschaftler als weitere Ursachen für die Unempfindlichkeit.
Die Studie zeigt, dass das Antibiotikum Trimethoprim für einige geographische Regionen durchaus eine Therapieoption bei Infektionen mit Streptococcus pyogenes darstellt. Das Ausmaß der Resistenzen ist deutlich geringer als angenommen und das Medikament ist günstig, haltbar und wirksam bei Ko-Infektionen mit Staphylococcus aureus. „Es ist jedoch wie ein Schwert, das schnell an Schärfe verliert“, sagt Nitsche-Schmitz. „Wir haben drei Ursachen für die schnelle Verbreitung von Resistenzen gefunden. Wichtig ist, wie bei allen Antibiotika, dass Trimethoprim nicht unnötig verschrieben wird und die Patienten es wie verordnet einnehmen.“ Originalpublikation: Factors that cause trimethoprim resistance in Streptococcus pyogenes René Bergmann et al.; Antimicrobial Agent and Chemotherapy, doi: 10.1128/AAC.02282-13; 2014