Das IQWiG schließt sich dem Hersteller über den Zusatznutzen von Ipilimumab bei fortgeschrittenem Melanom nicht an: Der Effekt sei im Rahmen eines indirekten Vergleichs patientenindividueller Daten geschätzt worden, daher sei ein Zusatznutzen nicht belegt.
Bereits 2012 hatte das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) den Zusatznutzen von Ipilimumab bei fortgeschrittenem Melanom überprüft. Für Patienten, die bereits zuvor eine Behandlung erhalten hatten, ergab sich ein beträchtlicher Zusatznutzen. Im neuen Dossier des Herstellers wird der Wirkstoff nun auch für nicht vorbehandelte Patienten mit der vom Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) festgelegten zweckmäßigen Vergleichstherapie Dacarbazin verglichen. Erneut reklamiert der Hersteller einen deutlichen Zugewinn an Überlebenszeit und damit einen Zusatznutzen. Diesmal schließt sich das IQWiG der Interpretation nicht an: Der Effekt sei im Rahmen eines indirekten Vergleichs patientenindividueller Daten geschätzt worden. Die Daten seien sehr unsicher, zudem sei der Effekt durch den einseitigen Ausschluss von Betroffenen mit besonders ungünstiger Prognose zugunsten von Ipilimumab verzerrt worden. Daher sei ein Zusatznutzen von Ipilimumab bei fortgeschrittenem Melanom für nicht vorbehandelte Patienten nicht belegt.
Ipilimumab ist ein monoklonaler Antikörper, der bei schwarzem Hautkrebs zum Einsatz kommt, wenn ein Melanom so weit fortgeschritten ist, dass es nicht mehr operativ entfernt werden kann oder Metastasen gebildet hat. Für bereits vorbehandelte Patienten legte der Hersteller 2012 aussagekräftigen Daten aus einer randomisierten kontrollierten Studie vor, die auf einen erheblichen Vorteil von Ipilimumab bei der Überlebenszeit hinweisen, allerdings verbunden mit einem erheblichen Schadenspotenzial. Nachdem die europäische Zulassung im Oktober 2013 auf Patienten erweitert wurde, die noch nicht wegen ihres fortgeschrittenen Melanoms behandelt wurden, macht der Hersteller nun auch für diese Gruppe einen Zusatznutzen gegenüber der vom G-BA festgelegten zweckmäßigen Vergleichstherapie Dacarbazin geltend.
Allerdings habe er dafür weder einen direkten Vergleich noch einen sogenannten adjustierten indirekten Vergleich zwischen Studienteilnehmern vorgelegt, die Ipilimumab bzw. die zweckmäßige Vergleichstherapie erhielten. Stattdessen stütze er sich auf einen indirekten Vergleich patientenindividueller Daten aus verschiedenen Studien zu Ipilimumab und einer einzelnen Studie zu Dacarbazin, aus denen er diejenigen Patienten auswählt, die noch keine Vorbehandlung des fortgeschrittenen Melanoms erhalten hatten. Bei solchen nicht adjustierten indirekten Vergleichen ist davon auszugehen, dass sich die Patienten auf beiden Seiten des Vergleichs hinsichtlich wichtiger Störgrößen (Confounder) unterscheiden, was zu einer systematischen Verzerrung des Behandlungseffektes führen kann. Der Hersteller habe versucht, diese Unterschiede mit einem statistischen Verfahren zu berücksichtigen.
Der Hersteller schließe laut IGWIQ jedoch nur diejenigen Patienten in seinen Vergleich ein, für die Daten zu allen betrachteten Störgrößen vorlägen. Auf der Ipilimumab-Seite seien dadurch insgesamt erheblich mehr Patienten aus dem Vergleich ausgeschlossen worden als auf der Dacarbazin-Seite – beim Endpunkt „Gesamtüberleben“ zum Beispiel etwa 40 % im Vergleich zu nicht einmal 1 %. Beim Endpunkt „unerwünschte Ereignisse“ klafften die Zahlen sogar noch stärker auseinander. Auf der Ipilimumab-Seite seien viele Patienten mit besonders schlechter Prognose aus der Auswertung ausgeschlossen worden. Damit seien die Effekte deutlich zugunsten von Ipilimumab verzerrt.
Darüber hinaus habe der Hersteller bekannte Störgrößen wie das Vorliegen viszeraler, also in den Eingeweiden liegender Metastasen oder die Zeit seit der Diagnose des Melanoms in der vorliegenden Analyse nicht berücksichtigt. Das setze die ohnehin niedrige Ergebnissicherheit weiter herab. Da die vom Hersteller vorgelegten Therapieeffekte somit nicht interpretierbar seien, sei ein Zusatznutzen von Ipilimumab bei nicht vorbehandelten Patienten mit fortgeschrittenem Melanom nicht belegt, so das IQWIG.