Ärzte, Apotheker und Politiker streiten weiter um die „Pille danach“. Jetzt schaltet sich die europäische Arzneimittelagentur EMA ein und entlässt ein Präparat womöglich aus der Rezeptpflicht. Für Deutschland bleibt nur noch der nationale Alleingang.
Aus dem Bundesministerium für Gesundheit kommen deutliche Worte: Hermann Gröhe (CDU) hält es nicht für erforderlich, die „Pille danach“ aus der Rezeptpflicht zu entlassen. Jetzt hat das Kölner Instituts für Handelsforschung (IFH) 310 Inhaber zu ihrer Meinung befragt. Insgesamt bewerteten 16 Prozent die Abgabe über Apotheken als „sehr gut“ und 23 Prozent als „gut“. Dem gegenüber stehen überraschend viele ablehnende Stimmen. Rund 22 Prozent kreuzten „überhaupt nicht gut“ an, und 18 Prozent votierten für „nicht gut“. Der Rest aller Studienteilnehmer konnte sich nicht zu einer Meinung durchringen. Immerhin waren 62 Prozent aller Kollegen sicher, sie könnten bei der Abgabe genauso gut beraten wie Ärzte. Nur 15 Prozent hatten hier Zweifel.
In dieser Situation sorgt eine Meldung der europäischen Arzneimittelagentur EMA für neue Diskussionen. Verantwortliche erwägen, das Präparat „ellaOne“ aus der Rezeptpflicht zu entlassen. Sie argumentieren, Ulipristalacetat sei weltweit bereits mehr als zwei Millionen Mal eingesetzt worden. Derzeit laufen noch Auswertungen zum Risikoprofil. Eine Studie im Fachmagazin „Contraception“ mit 553 Frauen führte zu ähnlichen Resultaten. Die Autoren sprechen von einem Notfallkontrazeptivum, das „sicher und ohne unerwartete oder schwerwiegende Ereignisse“ wirkt. Im Gegensatz zu Levonorgestrel verringert sich die Wirkung bei Ulipristalacetat erst BMI-Werten von über 30.
Da die EMA selbst „ellaOne“ zugelassen hat, kann sie das Präparat auch europaweit freigeben – am Widerstand der deutschen Regierung vorbei. Experten rechnen mit keinen allzu langen Verzögerungen. Schließlich hatte der EMA-Ausschuss für Humanarzneimittel bereits vor etwa einem Jahr Gespräche dazu geführt. Daraus entsteht im besten Falle eine für alle Rechtsnorm, die für alle europäischen Länder bindend ist. Bleibt abzuwarten, ob Deutschland auf nationalen Rechtsvorschriften beharren wird.