Wissenschaftler fanden nun im Zuge einer Studie heraus, wie die virale DNA des Hepatitis B-Virus (HBV) im Zellkern von Leberzellen abgebaut und das Virus damit eliminiert werden kann.
Viren wie HBV können persistieren, indem sie ihre DNA im Zellkern deponieren. Dort wird die DNA im Normalfall nicht abgebaut und antivirale Medikamente können diese Viren daher nicht eliminieren. Mit dem neu entdeckten Mechanismus könnte dies jedoch möglich werden - ohne dabei die infizierte Zelle in der Leber zu schädigen. Damit eröffnen sich jetzt neue therapeutische Möglichkeiten, berichten Wissenschaftler des Helmholtz Zentrums München und der Technischen Universität München in der aktuellen Ausgabe der renommierten Fachzeitschrift ‚Science‘. Obwohl man vorbeugend impfen kann, leiden derzeit weltweit nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) mehr als 240 Millionen Menschen an einer chronischen Hepatitis-B-Infektion. Sie haben ein hohes Risiko, eine Leberzirrhose oder sogar Leberkrebs zu entwickeln. Allein in Deutschland sind mehr als ein halbe Million Menschen betroffen. Verfügbare antivirale Medikamente können das Hepatitis B-Virus zwar kontrollieren, es aber nicht vollständig eliminieren. Dies hat zur Folge, dass das HBV in der Leber des Patienten wieder reaktiviert wird, sobald die Behandlung abgesetzt wird. Grund dafür ist die im Zellkern „versteckte“ Virus-DNA (cccDNA: covalently closed circular DNA). Diese legt das Virus in mehreren Kopien im Kern infizierter Hepatozyten ab und schützt sich so vor zerstörerischen Einflüssen. Die cccDNA dient als Vorlage für viruseigene Proteine und neue Virusgenome. Ein internationales Wissenschaftlerteam um Prof. Mathias Heikenwälder und Prof. Ulrike Protzer, Institut für Virologie des Helmholtz Zentrums München und der Technischen Universität München, hat nun einen Weg gefunden, das virale Erbgut gezielt im Zellkern der Leberzellen anzugreifen und zu eliminieren – ohne dabei die Wirtszelle zu schädigen.
„Der von uns beschriebene Abbau viraler DNA im Zellkern stellt einen wichtigen Mechanismus in der Virusabwehr dar“, sagt Protzer. „Zudem bieten die Ergebnisse erstmals die Möglichkeit, Medikamente zu entwickeln, die Hepatitis B heilen können.“ Die Wissenschaftler haben entdeckt, dass neben Interferonen auch eine Aktivierung des Lymphotoxin-β-Rezeptors in der Wirtszelle bestimmte Proteine fördert und in ihrer Funktion so unterstützt, dass sie virale ccc-DNA chemisch modulieren und abbauen. Dadurch kann das Virus nicht reaktiviert werden. Ein Wiederausbruch der Erkrankung wird somit verhindert – auch nach Behandlungsende. Das Erbgut der Wirtszelle selbst, also der Leberzelle, wird von den Proteinen dagegen nicht beeinflusst. „Mit der Aktivierung des Lymphotoxin-ß Rezeptors haben wir – auch kombiniert mit bereits verfügbaren Wirkstoffen – ein vielversprechendes neues Therapiekonzept in der Hand“, erklärt Heikenwälder. Originalpublikation: Specific and Non-Hepatotoxic Degradation of Nuclear Hepatitis B Virus cccDNA Mathias Heikenwälder et al.; Science, doi: 10.1126/science.1243462; 2014