Ob Raucher einen Raucherentwöhnungskurs erfolgreich beenden, hängt unter anderem von ihrer Persönlichkeit ab. Spanische Forscher fanden heraus, dass Menschen mit verschiedenen Persönlichkeitsstörungen unterschiedlich auf die Behandlung ansprechen.
Da 6-14% aller Menschen eine Persönlichkeitsstörung aufweisen (Schaletzky, 2009), lohnt es sich, hier genauer hinzuschauen. Persönlichkeitsstörungen sind psychische Störungen, die besonders früh in der Kindheit entstanden sind: Schon im frühen Mutter- und Vater-Kind-Kontakt gab es Probleme. Persönlichkeits-gestörte Menschen haben oft große Schwierigkeiten, befriedigende Beziehungen einzugehen. Es fällt ihnen mitunter schwer, ihre Gefühle wahrzunehmen, darüber nachzudenken und mit ihnen umzugehen. Häufig sind große Spannungszustände die Folge. Viele Betroffene kämpfen mit Wutanfällen, Einsamkeit oder dem Gefühl, ein Sonderling zu sein. Der Griff zur Zigarette ist da nicht weit. Menschen mit Persönlichkeitsstörungen sind häufiger Raucher als Menschen ohne diese Störung. Studien zufolge leiden etwa 50–60% der Raucher an einer Persönlichkeitsstörung. Einige Studien haben Achse-I-Störungen, also aktuelle Störungen wie Angststörungen oder Depressionen, unter die Lupe genommen. Weniger erforscht sind die sogenannten "Achse-II-Störungen", also die langanhaltenden Störungen, zu denen die Persönlichkeitsstörung zählt.
Wissenschaftler um Bárbara Piñeiro der Universität Santiago de Compostela, Spanien, haben nun untersucht, ob Raucher mit einer Persönlichkeitsstörung genauso gut auf ein Raucher-Entwöhnungsprogramm ansprechen wie Menschen ohne Persönlichkeitsstörung. An der Studie nahmen 290 Raucher (41% Männer, 59% Frauen) im Alter von durchschnittlich 41 Jahren teil. Von der Studie ausgeschlossen waren Psychotiker, Patienten mit einer Kokain- oder Heroinabhängigkeit sowie Patienten mit einer bipolaren Störung. Alle Studienteilnehmer rauchten durchschnittlich 21,7 Zigaretten, mindestens aber 10 Zigaretten täglich und hatten sich für einen Raucherentwöhnungskurs in Form einer Gruppen-Verhaltenstherapie über sechs Wochen angemeldet. Die Sitzungen fanden einmal pro Woche statt. Die Studienteilnehmer füllten verschiedene Fragebögen aus: das "Smoking Habit Questionnaire", das "International Personality Disorder Examination Questionnaire" (IPDEQ) und die "Nicotine Dependence Syndrome Scale" (NDSS). Nach Beendigung des Programms führten die Forscher einen Kohlenmonoxid-Atemtest durch. Die Follow-up-Untersuchungen fanden 6 und 12 Monate nach Kursende statt. Zum Behandlungsende waren 168 Teilnehmer (57,9%) abstinent. Nach 6 Monaten waren es 44,6% und nach 12 Monaten 33,9%. Zwischen den Teilnehmern, die es "geschafft" hatten und denen, die weiter rauchten, bestand kein Unterschied bezüglich des Familienstandes, des Alters, des Geschlechts, des Bildungsgrades oder der Achse-I-Störungen. Raucher, die 25 Zigaretten und mehr täglich rauchten, waren jedoch am wenigsten erfolgreich.
20% der Studienteilnehmer wiesen eine Depression oder Angststörung auf. Nach dem IPDE-Questionnaire ergab sich bei 173 Teilnehmern (59,7%) der Verdacht auf eine Persönlichkeitsstörung. Dabei fanden die Autoren Hinweise auf verschiedene Persönlichkeitsstörungen (vermeidend, zwanghaft, Borderline, schizoid, paranoid, histrionisch, abhängig, narzisstisch, antisozial und schizotypisch). Es gab keine auffälligen Unterschiede bei der Zahl der Zigaretten, die die Teilnehmer mit den verschiedenen Störungen rauchten. Insgesamt waren anteilmäßig genauso viele Teilnehmer mit, wie ohne einer Persönlichkeitsstörung rauchfrei geworden. Doch die genauere Analyse ergab, dass es Patienten mit einer Borderline-Störung, einer antisozialen oder vermeidenden Persönlichkeitsstörung anscheinend schwerer fiel, mit dem Rauchen aufzuhören als den Teilnehmern ohne Persönlichkeitsstörung: hier war der Anteil der "Erfolgreichen" besonders klein (10,1%, 2,4% bzw. 31% im Vergleich zu 42,9% bei den Teilnehmern ohne Persönlichkeitsstörung).
Zu den Follow-up-Untersuchungen ließ sich am Rauchverhalten nicht erkennen, wer eine Persönlichkeitsstörung hatte und wer nicht: Beide Gruppen unterschieden sich nicht hinsichtlich ihres Durchhaltevermögens, abstinent zu sein. Hier fiel jedoch auf, dass unter den Teilnehmern mit einer schizoiden oder schizotypischen Persönlichkeitsstörung der Anteil derjenigen, die nach 6 und 12 Monaten weiterhin nicht rauchten, besonders hoch war. Hingegen war bei den Teilnehmern mit einer narzisstischen Störung der Anteil der Abstinenten nach 6 und 12 Monaten besonders gering. Die Forscher schließen daraus, dass bei Rauchstopp-Programmen die Persönlichkeit der Raucher stärker berücksichtigt werden sollte. Raucher, die an einer Borderline-Störung, an einer antisozialen oder vermeidenden Persönlichkeitsstörung leiden, schafften es in dieser Studie nicht so leicht, mithilfe eines Kurses das Rauchen aufzugeben. Speziell die Teilnehmer mit einer schizoiden Persönlichkeitsstörung zeichneten sich jedoch dadurch aus, dass sie ihre Abstinenz auch 6 und 12 Monate nach dem Kurs aufrecht erhalten konnten.