Was Patienten sich von einer Therapie erhoffen, wirkt sich offenbar auf den Therapieerfolg aus. Eine aktuelle Studie an Migränepatienten zeigt, inwiefern Informationen zum Medikament – von negativ über neutral bis positiv – die Wirksamkeit von Medikament und Placebo beeinflussen.
Konkret wollten die Autoren der in Science Translational Medicine veröffentlichten Studie Folgendes wissen: Wie stark beeinflussen Informationen, die Migränepatienten über ihre Medikation bekommen, deren Wirksamkeit? Therapiert wurden die Patienten mit Rizatriptan. Das überraschende Ergebnis: Informationen zur Therapie spielen offenbar eine genauso große Rolle wie das Medikament selbst. „Eine der vielen Schlussfolgerungen aus unseren Ergebnissen ist, dass wenn Ärzte bei ihren Patienten hohe Erwartungen wecken, Rizatriptan – oder möglicherweise auch andere Migräne-Medikamente – effizienter wirkt“, sagt Rami Burstein, Autor der Studie und Leiter der Abteilung Schmerzforschung am Beth Israel Deaconess Medical Center in Boston.
An der prospektiven, randomisierten Studie nahmen 66 Migräne-Patienten teil. Sie erhielten sechs Umschläge: zwei waren mit „Arzneimittel“, zwei mit „Arzneimittel oder Placebo“ und zwei mit „Placebo“ gekennzeichnet – also entweder positiv, neutral oder negativ. Die Umschläge enthielten jeweils einmal Verum – also das Arzneimittel und einmal Placebo – unabhängig von der Beschriftung. Die Patienten sollten ihren Schmerz 30 Minuten nach Beginn einer Attacke angeben, dann die Pille einnehmen und zwei Stunden später wieder den Schmerz protokollieren. Als Kontrolle diente eine Attacke ohne Medikation. Insgesamt werteten die Forscher Daten von 459 Migräne-Attacken aus.
Das Verum war grundsätzlich effizienter als Placebo. Die Schmerzen nahmen mit Placebo durchschnittlich um 20,7% ab, mit dem Arzneimittel im Schnitt um 47,6%. Ohne Medikation nahm der Schmerz um 15% zu. Die Placebos linderten den Schmerz selbst dann noch, wenn sie als solche bezeichnet wurden um 14,5%. „Im Gegensatz zur allgemeinen Weisheit, dass Patienten auf Placebos reagieren, weil sie glauben sie bekommen ein wirksames Medikament, stützen unsere Ergebnisse die Idee, dass offen als solche bezeichnete Placebos einen therapeutischen Nutzen haben,“ stellen die Autoren fest. Positive Erwartungen verstärkten die Wirksamkeit von Medikament und Placebo. Sowohl die Information, die der Patient bekommt als auch das vorhersehbare Ritual der Pilleneinnahme seien wichtige Komponenten der Behandlung.
Wurde Verum als „Arzneimittel“ gekennzeichnet, nahm der Schmerz doppelt so stark ab wie mit der Kennzeichnung „Placebo“. War das Verum allerdings als „Placebo“ gekennzeichnet, wirkte es nicht signifikant besser als Placebo, der als „Arzneimittel“ ausgewiesen wurde. Insgesamt erwies sich der Placebo-Effekt in der Studie als robust: Verglichen mit der Kontrolle machte er die Hälfte der Medikamentenwirkung aus.
Die Forscher haben sich dafür entschieden Placebo-Effekt und Einfluss der Beschriftung an Migräne-Patienten zu testen, da diese unter wiederkehrenden Attacken leiden. Jeder Teilnehmer steuerte so Daten von insgesamt sieben verschiedenen Migräne-Attacken bei. So konnte der Einfluss von positiver, negativer und neutraler Information gut verglichen werden. Die Wahl für die Behandlung der Studienteilnehmer fiel auf Rizatriptan (Maxalt), weil der Hersteller Merck and Co Inc. sowohl Medikament als auch die Placebos zur Verfügung stellte. Außerdem deckte Merck einen großen Teil der Kosten für die Studie. Die Vermutung liegt jedoch nahe, dass dieser Effekt nicht auf Rizatriptan (Maxalt) beschränkt ist.