Was du heute kannst besorgen, das verschiebe nicht auf morgen. An dieses Motto halten sich nicht alle Menschen, viele entscheiden sich auch für die Prokrastination. Das könnte an zwei bestimmten Hirnregionen liegen. Mittels
Kernspintomografie identifizierten Biopsychologen der Ruhr-Universität Bochum zwei Hirnbereiche, deren Größe und funktionelle Verknüpfung damit zusammenhängen, wie gut eine Person ihre Handlungen kontrollieren kann.
Zwei Hirnregionen hängen mit Handlungskontrolle zusammen
Im Rahmen ihrer Studie untersuchten die Forscher 264 Frauen und Männer im Kernspintomografen. Sie bestimmten das Volumen einzelner Hirnareale und ihre funktionelle Vernetzung. Außerdem füllten alle Probanden einen Fragebogen aus, mit dem ihre Fähigkeiten zur Handlungskontrolle eingeschätzt wurden. Menschen mit schlechter Handlungskontrolle hatten eine größere Amygdala. Außerdem war bei ihnen die funktionelle Verbindung zwischen der Amygdala und dem dorsalen anterioren cingulären Kortex (dorsaler ACC) weniger stark ausgeprägt. „Die beiden Hirnregionen sind bereits in früheren Studien mit der Steuerung von Handlungen in Verbindung gebracht worden“, sagt Studienautor Erhan Genç.
Handlungen bewerten und auswählen
Die Funktion der Amygdala ist vor allem, eine Situation und ihren jeweiligen Ausgang zu beurteilen. Auf diese Weise werden wir vor möglichen negativen Konsequenzen einer Handlung gewarnt. Der dorsale ACC nutzt hingegen Informationen über den potenziellen Ausgang einer Handlung, um Handlungen auszuwählen, die in die Tat umgesetzt werden. Er unterdrückt auch konkurrierende Handlungen und Emotionen, sodass eine ausgewählte Handlung erfolgreich abgeschlossen werden kann. Ist das Zusammenspiel zwischen Amygdala und dorsalem ACC gestört, kann die Handlungskontrolle nicht mehr erfolgreich ausgeführt werden, so die Theorie der Forscher. „Menschen mit höherem Amygdala-Volumen könnten eine größere Furcht vor den negativen Konsequenzen einer Handlung haben – sie zögern und schieben Dinge auf“, vermutet Erhan Genç. „Die geringe funktionelle Kopplung zwischen der Amygdala und dem dorsalen ACC könnte diesen Effekt weiter verstärken, indem störende negative Emotionen und Handlungsalternativen unzureichend reguliert werden.“
Trainierbar oder nicht?
„Obwohl die individuellen Unterschiede in der Fähigkeit zur Handlungskontrolle einen großen Einfluss auf unseren persönlichen und beruflichen Erfolg sowie unsere psychische und physische Gesundheit haben, sind ihre neuronalen Grundlagen bisher nur wenig erforscht“, sagt Caroline Schlüter, die sich dem Thema in ihrer Promotion widmet. Künftige Studien sollen zeigen, ob die unterschiedlich gut ausgeprägte Handlungskontrolle durch spezifische Trainings oder Hirnstimulation verändert werden kann. Dieser Artikel basiert auf einer Pressemitteilung der Ruhr-Universität Bochum.