Wirkungsvolle Methode der Alternativmedizin oder Etikettenschwindel? Über den Nutzen homöopathischer Therapien streiten Ärzte, Apotheker und Patienten seit Jahrhunderten. Jetzt tragen zwei Gesellschaften ihren Disput über eine lesenswerte Broschüre aus.
Die Gesellschaft zur wissenschaftlichen Untersuchung von Parawissenschaften (GWUP) fordert eine sachliche Diskussion – gerade bei emotional besetzten Themen wie der Homöopathie. Ihre Standpunkte fassen Vertretern in einer kritischen Broschüre zusammen. Grund genug für den Deutschen Zentralverein homöopathischer Ärzte (DZVhÄ), gegenzusteuern. „Ihrem wissenschaftlichen Anspruch werden die Skeptiker in diesem Faltblatt nicht gerecht: Behauptungen werden aufgestellt und nicht belegt, Studienergebnisse einseitig interpretiert, falsche Aussagen zur Medizin und zur Medizingeschichte formuliert – an vielen Stellen springt dem Leser schlicht die Unkenntnis der Verfasser über die ärztliche Homöopathie ins Auge“, heißt es vom DZVhÄ. Deshalb veröffentlichen Ärzte ihrerseits eine kommentierte Version des Traktats. Durchaus ernst gemeint, aber trotzdem mit einem Augenzwinkern, greifen sie zentrale Argumente der Kritiker auf.
So schreibt die GWUP: „Die Tropfen, Globuli, Tabletten, Salben und Injektionslösungen werden häufig aus ganz anderem Material hergestellt: giftigen chemischen Elementen, Tier- und sogar Krankheitsprodukten – darunter auch, was wenig bekannt ist, Gruseliges wie etwa Fliegenpilze, Schlangengift, Speichel tollwütiger Hunde, Kopfläuse, Kakerlaken, Hundekot, Eiter, Krebs- und Leprazellen, Arsen, Quecksilber und Plutonium.“ Und DZVhÄ-Vertreter kontern: „Wo ist das Problem, wenn doch „in diesen angeblichen Heilmitteln“ kein einziges Molekül des Ausgangsstoffes mehr enthalten ist (...)? Skeptiker sollten sich entscheiden, eklig oder kein Wirkstoff – beides zusammen gehe schlecht.
Naturgemäß befasst sich GWUP-Vertreter auch mit Potenzierungen. „Stellen Sie sich eine einzige Tablette vor, verteilt auf alle Meere der Welt. Würden Sie dann auf die Heilkraft eines Tropfens Meerwasser setzen? Nein? Nach den Regeln der Homöopathie wäre das aber noch eine eher niedrige Verdünnung, nämlich etwa D13.“ Darauf schreibt die DZVhÄ: „Glauben Homöopathen, dass eine Tablette Aspirin irgendwo ins Meer geworfen alle Kopfschmerzen dieser Welt beseitigt? Oder funktioniert die Homöopathie doch ganz anders?“ Auch hätten Wissenschaftler den Wirkmechanismus vieler schulmedizinischer Mittel trotz Kenntnis chemischer Strukturen noch nicht erforschen können.
Bleibt als weiterer Kritikpunkt, bei welchen leiden entsprechende Präparate Verwendung finden. „Ein paar Freiwillige nehmen einige Tage lang ein Homöopathikum ein und notieren alles, was sie in dieser Zeit an sich selbst wahrnehmen. Daraus ergibt sich das typische „Arzneimittelbild“ des Präparats“, so die GWUP. Solche Versuche, zum Teil vor über 100 Jahren durchgeführt, würden seitdem ungeprüft übernommen. Das sehen homöopathische Ärzte anders: Prüfungen fänden mit „mehr als ein paar Freiwilligen“ statt, inklusive Nachbeobachtung und Auswertung. Auch werde das Verfahren „laufend fortentwickelt und den modernen Erfordernissen angepasst“. Nicht alle, aber viele Symptome bestätigten sich in Wiederholungsprüfungen.