Im letzten Jahrzehnt häuften sich positive Studien zu Grüntee. Jetzt warnen Wissenschaftler vor unerwünschten Effekten. Patienten, die Arzneimittel einnehmen, sollten sich besser für Leitungswasser entscheiden.
Egal ob Alzheimer, Hepatitis C, Krebs oder Prostatakarzinome: Die Fachpresse wurde nicht müde, Studien über tatsächliche oder vermeintliche Effekte von Grüntee zu veröffentlichen. Berichte lobten dessen antioxidative Wirkung und brachten hohe Lebenserwartungen mancher Bevölkerungsgruppen mit dem aromatischen Getränk in Verbindung. Klinische Studien fokussierten sich vor allem auf den Inhaltsstoff Epigallocatechingallat. Allzu kritiklos sollte das Getränk Kunden öffentlicher Apotheken dennoch nicht empfohlen worden.
Wie japanische Wissenschaftler jetzt in „Clinical Pharmacology & Therapeutics“ berichten, hemmt der beliebte Aufguss Arzneistofftransporter. Dazu ließen sie zehn Probanden zwei Wochen lang entweder 700 Milliliter Grüntee oder Wasser trinken. Um den weiteren Flüssigkeitsbedarf zu decken, gab es ansonsten nur Wasser. Dann verabreichten Pharmakologen einmalig 30 Milligramm des nicht selektiven Betablockers Nadolol. Und siehe da, dessen Bioverfügbarkeit und maximale Plasmakonzentration verringerten sich um 85 Prozent. Von diesem Effekt sind auch Aliskiren (ein Renininhibitor), Etoposid (ein Zytostatikum), Fexofenadin (ein Antihistaminikum der dritten Generation) sowie Talinolol (ein Betablocker) betroffen.
Bleibt zu klären, warum Grüntee derart unerwünschte Effekte hat. Im Labor fanden die Forscher, dass sekundäre Pflanzeninhaltsstoffe wie Epigallocatechingallat und Epicatechingallat Transporter blockieren. Bei Nadolol spielt der Organo-Anion-Transporter OATP1A2 eine Rolle. Experimente wurden jedoch mit Nierenzellen durchgeführt, eine Bestätigung für Darmzellen muss noch erfolgen. Aus früheren Studien ist bekannt, dass Apfel-, Grapefruit- oder Orangensaftgetränke OATP ebenfalls hemmen. Bleibt nur der Ratschlag, bei Wasser zu bleiben.