Patienten mit dem Restless-Legs-Syndrom erhalten meist L-Dopa oder Dopamin-Agonisten. Studien zeigen, dass es durchaus weitere Optionen gibt, das Leiden zu behandeln. Nebenwirkungen bleiben nicht immer aus.
Kein seltenes Leiden: Etwa fünf bis zehn Prozent der Bevölkerung quälen sich mit Missempfindungen und Bewegungsdrang in den Beinen, bekannt als Restless-Legs-Syndrom (RLS). Neurologen unterscheiden zwischen primären (idiopathischen) und sekundären Formen.
Nach der aktuellen Leitlinie erhalten Patienten mit primärem RLS eine dopaminerge Therapie als erste Wahl. Neurologen verordnen L-Dopa in Kombination mit Dopadecarboxylase-Hemmstoffen wie Benserazid oder Carbidopa. Kommt es zu Augmentationen, bleiben noch Dopaminagonisten. Patienten, die mit oralen Pharmaka nicht ausreichend gut eingestellt werden können, profitieren teilweise von einer transdermalen Applikation. Falls entsprechende Therapien nicht anschlagen, gibt es Alternativen.
Wie die Deutsche Gesellschaft für Neurologie (DGN) berichtet, verschaffen opioidhaltige Wirkstoffkombinationen effektiv Linderung. Obwohl diese Wirkstoffe schon länger eingesetzt worden sind, fehlten bislang Studien von hoher, methodischer Qualität. Jetzt hat Claudia Trenkwalder, Kassel, eine Arbeit mit 306 Patienten aus 55 Zentren vorgestellt, die nur unzureichend mit Dopaminergika therapiert werden konnten. Auf der International RLS Severity Scale mit maximal 40 Punkten lag deren Wert bei 31,6 Punkten, was vergleichsweise schweren Symptomen entspricht. Studienteilnehmer erhielten entweder retardiertes Oxycodon plus Naloxon oder ein Placebo. Unter Verum verbesserte sich ihr Wert auf 15,1 Punkte – im Vergleich zu 22,1 Punkten unter der Scheintherapie. Dabei klagten 73 Prozent aller Teilnehmer der Verum-Gruppe über Nebenwirkungen, meist waren es Müdigkeit, Übelkeit und Obstipation. Zum Vergleich: Im Placebo-Arm waren es 43 Prozent. In Summe brachen 13 Prozent die Behandlung ab (Placebo: sieben Prozent). Bei zwei Patienten gab es hinweise auf körperliche Abhängigkeit. In einer offenen Phase der Studie erhielten alle Interessierten, insgesamt 197 Patienten, Oxycodon plus Naloxon. Nach 40 Wochen sank ihr Score auf lediglich 9,7 Punkte, was einer milden Erkrankung entspricht.
Im Gegensatz zum primären RLS verschwindet die sekundäre Form, sobald Grunderkrankungen therapiert worden sind, etwa ein Eisenmangel. Ärzte und Apotheker versuchen, durch entsprechende Präparate Ferritinwerten von mehr als 50 Mikrogramm pro Liter zu erzielen. Magdolna Hornyak aus Ulm untersuchte den Effekt von 500 Milligramm Eisencarboxymaltose bei 20 RLS-Patienten, die unter Eisenmangel litten. Nach einmaliger Injektion verbesserten sich RLS-Symptome deutlich. Hornyak setzte zur Quantifizierung ebenfalls die International RLS Severity Scale ein. Im Mittel sank der Wert von 30,1 auf 28,1 Punkte – bei der Respondergruppe verringerten sich die Punkte von 28,3 auf 18,3. In einigen Fällen gelang es sogar, Dopaminergika niedriger zu dosieren.
Treten während einer Schwangerschaft typische RLS-Symptome auf, bewerten Neurologen dies als schlechtes Zeichen. Italienische Forscher um Mauro Manconi, Mailand, untersuchten Behandlungsdaten von 74 Patientinnen, die während ihrer Schwangerschaft unter einem neuen RLS litten. Als Vergleich dienten 133 gesunde Frauen. Sechs Jahre später erfassten die Wissenschaftler per Fragebogen Informationen über Medikamente oder neuerliche Schwangerschaften. Ihr Fazit: Zwar verschwanden typische RLS-Symptome meistens nach der Niederkunft, um in 60 Prozent der Fälle bei neuerlichen Graviditäten wieder aufzutreten. Das generelle Risiko, auch später daran zu leiden, war laut Manconi vier Mal höher als bei einer Vergleichsgruppe. Und chronische Formen traten drei Mal öfter auf.
Männer betrifft das Thema noch in ganz anderer Hinsicht: Xiang Gao aus Boston untersuchte zusammen mit Kollegen im Rahmen einer prospektiven Studie 10.394 Herren. Neurologen hatten einige Jahre zuvor alle Teilnehmer unter die Lupe genommen und bei 331 von ihnen tatsächlich ein RLS diagnostiziert – ohne Anhaltspunkte für erektile Dysfunktionen. Beim Follow-up sechs Jahre später zeigte sich, dass 15,4 Prozent aller Männer ohne RLS mit Erektionsstörungen zu kämpfen hatten. In der anderen Gruppe waren es 23,4 Prozent. Nachdem die Forscher andere Risikofaktoren vom Alter über den Body-Mass-Index und Bewegung bis hin zum Alkohol- und Tabakkonsum korrigiert hatten, fanden sie überraschend deutliche Werte: Litten Patienten am RLS, so war ihr Risiko, eine erektile Dysfunktion zu entwickeln, um 39 Prozent höher als in der Vergleichsgruppe. Wer bis zu 14 Episoden pro Monat hatte, musste mit einem 34-prozentigen Risiko leben. Waren es im gleichen Zeitraum 15 und mehr RLS-Attacken, fanden die Autoren sogar einen um 49 Prozent erhöhten Wert. Die Größenordnung entspricht bekannten Einflussfaktoren wie kardiovaskulären Erkrankungen, Diabetes mellitus oder Depressionen. Jetzt fordert Gao, nicht nur RLS-Symptome im Blick zu behalten, sondern auch mögliche Komorbiditäten.