Nicht jede Sinusitis heilt rasch und ohne Komplikationen ab. Chronische Formen sind eine Herausforderung für HNO-Ärzte. Neue Studien zeigen, wohin die Reise pharmakologisch und chirurgisch geht.
Aus einer akuten, infektiösen Rhinitis entwickelt sich schnell eine akute Sinusitis mit bakterieller beziehungsweise viraler Beteiligung. Persistieren die Beschwerden über mehr als drei Monate oder kommt es zu mindestens vier Erkrankungen pro Jahr, sprechen HNO-Ärzte von einer chronischen Form. Knöcherne Engstellen der Zugangswege gelten als Risikofaktoren. Früher oder später führen Schleimhautreizungen durch entzündliche Prozesse zu Gewebsneubildungen, und die Belüftung der Nasennebenhöhlen wird beeinträchtigt. Deshalb kontaktieren mehr als zwei Millionen Menschen pro Jahr ihren Arzt.
Bei Betroffenen verändert sich mittelfristig die bakterielle Besiedlung im Vergleich zur akuten Infektion. Bakteriologen haben vor allem Staphylococcus-, Streptococcus-, Pseudomonas-Keime sowie Enterobakterien gefunden. Hier zeigen Impfungen ungeahnte Effekte. HNO-Ärzte um Maria T. Peña, Washington DC, untersuchten das Erregerspektrum bei orbitalen Sinusitis-Komplikationen. Zum Hintergrund: Seit dem Jahr 2000 erhalten Kinder und Jugendliche in den USA einen siebenvalenten Pneumokokkenimpfstoff. Im Rahmen ihrer Studie nahmen Kollegen Proben bei 128 Kindern, die früher als 2002 erkrankten, also vor einem flächendeckenden Impfschutz. Weitere 145 Kinder, die ab 2003 unter orbitalen Komplikationen einer Sinusitis litten, kamen mit hinzu. Im Blut kleiner Patienten der älteren Gruppe fanden Ärzte Streptococcus pneumoniae (22 Prozent) sowie Streptococcus viridans (12 Prozent). Beide Keime verschwanden durch Impfungen. Dafür ließ sich Staphylococcus aureus immer häufiger finden – die Prävalenz stieg von 20 auf 42 Prozent an. Jede zweite Probe war Methicillin-resistent. Entsprechende Überlegungen lassen sich zwar nicht direkt auf Deutschland übertragen. Da Pädiater hier zu Lande seit 2006 Pneumokokken-Impfungen empfehlen, wird sich das Erregerspektrum aber ebenfalls verändert haben. Jetzt lautet ein Rat, bei schwerwiegenden Sinusitis-Komplikationen Antibiotika zu verwenden, die gegen resistente Keime wirken. Nicht immer müssen Kollegen aber zu diesen Präparaten greifen.
Verläuft eine chronische Sinusitis komplikationslos, werden topische Anwendungen von Kochsalz bis zu Kortikoiden empfohlen. Calvin C. Wei, New York, ging der Frage nach, wie effektiv diese Therapien wirklich sind. Zusammen mit Kollegen recherchierte er in Embase, in der Cochrane Library und über PubMed in Medline. Für Natriumchlorid-Lösungen fand er 16 methodisch hochwertige Studien, die einen Nutzen bescheinigten. Kochsalz hat sich sowohl als eigenständige Behandlungsoption als auch zur Linderung von postoperativen Beschwerden bewährt. Bei Kortikoiden gab es in der Literatur sogar 25 randomisierte, kontrollierte Studien. Die Arbeiten bescheinigten einen Benefit, falls Patienten infolge ihrer Sinusitis mit Polypen zu kämpfen hatten. Ansonsten reichte die Datenlage nicht für eine Empfehlung aus. Sprays mit Antibiotika oder Fungiziden zeigten keinen signifikanten Effekt – entsprechende Pharmaka schnitten nicht besser als Kochsalzsprays ab.
Kommt es als Folge chronischer Entzündungen zu länger anhaltenden Riechstörungen, gibt es neue Strategien: Michael Damm von der Universitätsklinik Köln hat untersucht, inwieweit ein gezieltes Training für Abhilfe sorgt. Dazu nahm er rund 170 Patienten zwischen 24 und 65 Jahren in eine multizentrische, randomisierte Studie auf. Alle Teilnehmer hatten minimal acht Wochen, aber maximal 24 Monate eine Infektion mit olfaktorischen Störungen. Sie mussten regelmäßig an Stiften mit Eugenol, Eukalyptus, Limone und Phenylethylalkohol in höherer Konzentration riechen. Bei der Vergleichsgruppe lagen identische Substanzen vor, jedoch in stärkerer Verdünnung. Ärzte testeten das Riechvermögen in größeren Zeiträumen. Nach vier Monaten wurden die Riechproben zwischen beiden Gruppen getauscht. Zur Beurteilung zogen Wissenschaftler Kriterien wie die Unterscheidung verschiedener Gerüche, Schwellenwerte sowie die generelle Wahrnehmung heran. Im ersten Quartal verbesserten sich olfaktorische Leistungen bei 26 Prozent (hohe Konzentration) versus 15 Prozent (niedrige Konzentration). Diese Werte stiegen vier Monate später auf 46 versus 31 Prozent an. Und bei Patienten, die weniger als ein Jahr an ihrer Wahrnehmungsstörung litten, konnten sogar 63 versus 19 Prozent einen Erfolg für sich verbuchen. Die molekularen Mechanismen sind noch unbekannt. Bleibt zu vermuten, dass Regenerationsprozesse im Riechepithel beschleunigt ablaufen.
Bringen Pharmakotherapien nicht das gewünschte Ergebnis, raten HNO-Ärzte oft zur OP. Michael J. Sillers und Christopher T. Melroy aus den USA wollten wissen, wer von einer Ballondilatation profitiert. Für Patienten sei die Prozedur angenehmer und schmerzfreier als endoskopische Sinus-OPs, argumentieren die Autoren. Bei rund 600 Dilatationen, die in Fachpublikationen beschrieben worden sind, gaben lediglich fünf Patienten starke Schmerzen zu Protokoll, und Komplikationen traten nur in einzelnen Fällen auf. Die Methode sei vor allem bei Verengungen des Sinus frontalis, maxillaris und sphenoidalis geeignet, heißt es weiter. Bei Beteiligung des Sinus ethmoidalis halten die Autoren hybride Eingriffe aus Ballondilatation und „blutiger“ OP für denkbar. Auch unter Kostenaspekten spricht viel für den Ballon: Amerikanische Ärzte rechnen mit Einsparungen von 3.000 bis 5.000 US-Dollar pro Eingriff. Das individuelle Vorgehen macht sich auch gesundheitsökonomisch bezahlt.