Kleine Kinder – große Beschwerden: Schuppenflechte tritt beim Nachwuchs weit öfter auf als bislang angenommen. Nicht immer wird die bestmögliche Therapie gewählt, um Hautprobleme in den Griff zu bekommen. Darüber hinaus sollten Komorbiditäten stärker beachtet werden.
Psoriasis – bei Kindern und Jugendlichen nicht so selten wie vermutet: David Matusiewicz aus Essen untersuchte Daten von 6,7 Millionen gesetzlich Versicherten verschiedener Kassen. Von ihnen mussten sich 138.338 wegen Psoriasis in Behandlung begeben. Darunter befanden sich auch 4.499 Kinder und Jugendliche. Die Prävalenz reicht von 0,1 Prozent bei Einjährigen bis zu 0,8 Prozent bei 18-Jährigen. Pro Jahr standen im Schnitt zwei Arzttermine an, meist im Herbst und im Winter. Etwa 72 Prozent aller Heranwachsenden erhielten topische Kortikosteroide, weitere 20 Prozent Psoralen beziehungsweise teerhaltige Präparate. Darüber hinaus verordneten Kollegen 4,0 Prozent aller Patienten Pflegeprodukte, und 3,3 Prozent wurden mit Immunsuppressiva versorgt. Entsprechende Kosten bewegen sich zwischen rund fünf und 28.000 Euro im Jahr – letztere Zahl kommt vor allem durch Biologicals zu Stande.
Nicht immer behandeln Kollegen ihre kleinen Patienten pharmakologisch lege artis, so das Fazit einer aktuellen Arbeit. Wissenschaftler aus Bremen und Hamburg unter Leitung von Matthias Augustin werteten Daten der Gmünder Ersatzkasse (GEK, heute Barmer GEK) aus. Von mehr als 290.000 Versicherten litten 1.312 unter 18-Jährige an Psoriasis. Jeder zweite erhielt pro Jahr mindestens eine Pharmakotherapie. Besonders häufig waren topische (70,8 Prozent aller Patienten) beziehungsweise systemische Kortikosteroide (4,0 Prozent). Letztere standen meist auf Rezepten von Hausärzten und Pädiatern, seltener entschieden sich Dermatologen für die Präparate. Hautärzte wählten eher Vitamin-D-Derivate aus. Methotrexat (1,3 Prozent) oder Ciclosporin (0,2 Prozent) blieben eher die Ausnahme. Augustin schreibt, deutschlandweit würden viel zu häufig systemische Kortikosteroide verschrieben – nur bei schweren Verlaufsformen sei deren Einsatz sinnvoll. Kinder mit leichter bis moderater Psoriasis sollten primär Harnstoff- und gegebenenfalls Kortikoid-haltige Basispflegeprodukte verwenden. Bleibt noch die PUVA-Therapie (Psoralen und UV-A) bei älteren Kindern. Eine andere Option sind Bestrahlungen mit Schmalspektrum-UVB (Narrowband Ultraviolet B, NBUVB).
Bislang gab es zur Wirksamkeit von NBUVB bei Kindern nur retrospektive Untersuchungen. Nun haben britische Dermatologen um Sharmela Darné Resultate einer prospektiven Studie mit 29 Kindern vorgelegt. Kleine Psoariasis-Patienten zwischen drei und 16 Jahren erhielten eine topische Therapie plus Bestrahlungen (im Schnitt zwei Mal 28,8 J/cm2 pro Woche). In der Kontrollgruppe waren Kinder mit ähnlichem Krankheitsbild, aber ohne NBUVB. Zur Auswertung verwendete Darné den „Six Area, Six Sign Atopic Dermatitis Severity Score“ (SASSAD). Unter NBUVB verbesserte sich dieser Wert um 61 Prozent, während es bei Patienten ohne Bestrahlung zu einer Verschlimmerung von sechs Prozent kam. Je nach Wellenlänge sorgt UV-Strahlung aber für mehr oder minder große Schäden in der DNA. UV-B gilt als Risikofaktor für Melanome, wobei biologische Unterschiede zwischen Schmalband- und Breitband-UV-B noch nicht ausreichend untersucht worden sind. Dass UV-A-Strahlung ebenfalls nicht ohne Folgen bleibt, ergab sich aus der PUVA-Follow-up-Studie. Robert S. Stern, Boston, zeigte, dass das Risiko, ein Plattenepithelkarzinom zu entwickeln, zur Zahl der durchgeführten PUVA-Behandlungen proportional ist. Trotzdem bleibt das Therapieregime bedeutsam – etwa bei Psoriasis guttata. Diese Form tritt nach Infektionen der Haut auf und kann chronifizieren.
Wissenschaftler warnen jedoch vor der einseitigen Fokussierung auf Hautläsionen. Matusiewicz fand entzündliche Prozesse anderer Organsysteme (2,1 versus 0,1 Prozent ohne Psoriasis), psychische Erkrankungen (1,1 versus 0,4 Prozent), Herzleiden (0,6 versus 0,3 Prozent), Hypertonie (0,3 versus 0,1 Prozent) beziehungsweise Stoffwechselstörungen (0,4 versus 0,2 Prozent). Bei Adipositas ist die Sache etwas komplizierter. Mit dieser Fragestellung befasste sich Amy S. Paller, Chicago. Sie nahm 409 kleine Psoriasis-Patienten in eine Multicenterstudie auf. Zur Quantifizierung entsprechender Symptome verwendete Paller das Physician Global Assessment (PGA). Von allen Kindern mit Psoriasis zeigten 203 leichte Anzeichen der Krankheit, und weitere 206 hatten schwere Symptome. Dabei fand Paller bei 37,9 Prozent der kleinen Psoriasispatienten einen BMI über der 85. Perzentile. In der Kontrollgruppe ohne Psoriasis waren es lediglich 20,5 Prozent. Bei weiteren 20,2 versus 7,3 Prozent lag eine Adipositas mit BMI-Werten über der 95. Perzentile vor. Allerdings sei der genaue Zusammenhang zwischen Adipositas und Psoriasis unklar, schreibt Amy S. Paller. Beiden Erkrankungen liegen inflammatorische Prozesse zu Grunde, an denen verschiedene T-Helferzellen beteiligt sind. Ob Schuppenflechte zur Gewichtszunahme führt oder ob Adipositas als Auslöser einer Psoriasis zu bewerten ist, wissen Forscher derzeit nicht. Momentan bleibt nur Pallers Rat, Komorbiditäten diagnostisch und therapeutisch stärker zu berücksichtigen.