Für die Krankenhausbehandlung muss der provisorische Wundverschluss einer Erstversorgung entfernt werden, was häufig weitere Schädigungen nach sich zieht. Forscher stellen nun einen Gel-Wundverschluss vor, der sich chemisch wieder auflösen und schonend entfernen lässt.
Verletzungen, die in entlegenen Gebieten, fernab der Zivilisation oder bei einem militärischen Einsatz auftreten, können oft erst Stunden später in einer Klinik versorgt werden. Umso wichtiger wäre hier ein provisorischer Wundverschluss, der die Blutung für mehrere Stunden stoppt, fest auf dem Gewebe haftet, leicht aufzutragen ist und sich anschließend kontrolliert wieder auflösen lässt, um die Wunde während der operativen Versorgung nach und nach wieder freizulegen. Alle diese Forderungen erfüllt bisher allerdings kein einziges der verfügbaren Wundverschluss-Systeme. Bei der Entfernung blutstillender Wundverschlüsse ist ein Abreißen oder operatives Wegschneiden unumgänglich, was die Wunde vergrößern und verschlimmern kann. Wissenschaftler der Boston University und des Beth Israël Deaconess Medical Center in Boston haben jetzt einen Wundverschluss auf Basis eines synthetischen biokompatiblen Gels entwickelt, der die zuvor genannten Forderungen erfüllt. Das Gel ist über verzweigte Thioester vernetzt. Das Forscherteam um Mark W. Grinstaff setzt für die Wiederauflösung dieser Gele auf eine als Thiol-Thioester-Austausch bezeichnete chemische Reaktion. Dabei reagiert eine Thioester-Bindung mit einem Thiolat-Anion, wobei neue Thioester und Thiolate entstehen. Vorteil der Reaktion: Sie findet in wässriger Umgebung bei physiologischen Bedingungen statt. Der Reaktionstyp kommt auch bei natürlichen biologischen Prozessen vor. Wird das Thioester-Gel mit Cystein-Methylester behandelt, einem Reagenz auf Basis einer schwefelhaltigen Aminosäure, werden die Thioester-Brücken rasch gespalten und das Gel löst sich auf. Amerikanische Wissenschaftler haben einen neuartigen Gel-Wundverschluss entwickelt, der sich chemisch wieder auflösen und so schonend entfernen lässt. © Wiley-VCH Wunden werden versorgt, indem einfach zwei Ausgangsstoffe gemischt und aufgetragen werden. Das Gel bildet sich dann innerhalb von Sekunden, haftet auch unter Belastungen und bleibt über mehrere Tage intakt. Aus der Wunde austretende Flüssigkeit saugt das Gel auf. Bei Behandlung mit Cystein-Methylester löst sich der Wundverschluss innerhalb von 30 min auf. Um eine Venenverletzung zu simulieren, füllten die Forscher ein Stück der Drosselvene eines Rindes mit Pufferlösung und stachen es auf. Durch Auftragen des Gels ließ sich die verletzte Vene vollständig verschließen, erst nach Auflösen trat wieder Pufferlösung aus. Originalpublikation: A Dendritic Thioester Hydrogel Based on Thiol–Thioester Exchange as a Dissolvable Sealant System for Wound Closure Mark W. Grinstaff et al.; Angewandte Chemie, DOI: 10.1002/ange.201308007; 2013