Forscher haben 48 neue Genvarianten identifiziert, die das Risiko für MS beeinflussen. Dadurch wird die Zahl der bekannten Risikofaktoren fast verdoppelt. Die identifizierten Gene unterstreichen die zentrale Rolle, die das Immunsystem bei der Entwicklung der MS spielt.
Multiple Sklerose (MS) ist eine chronisch neurologische Krankheit, die weltweit über 2,5 Millionen Menschen betrifft. Die Krankheit führt zu unregelmäßigen Entzündungen und Schäden des Zentralen Nervensystems und verursacht, je nach Lokalisierung, Mobilitäts-, Balance-, Empfindungs- und Wahrnehmungsstörungen. Im Anfangsstadium der Krankheit sind die neurologischen Symptome meist vorübergehend, doch im Laufe der Zeit werden sie bei der Mehrzahl der Patienten dauerhaft und kontinuierlich schlimmer. Bei Personen mit Vorerkrankungen in der Familie ist das Risiko, Multiple Sklerose zu entwickeln, erhöht. Studien mit Zwillingen und Adoptivkindern zeigten, dass dieses erhöhte Risiko in erster Linie das Resultat genetischer Risikofaktoren ist. Die nun veröffentlichten Ergebnisse verdoppeln die Anzahl der bestätigten MS Genorte, unterstreichen die kritische Rolle des Immunsystems bei der Entwicklung der Multiplen Sklerose und heben die deutlichen Ähnlichkeiten zwischen der genetischen Architektur, die der Prädisposition für diese und viele andere Autoimmunkrankheiten zugrundeliegt, hervor. Für die Studie wurde eine individuell designte Technologie genutzt, der sogenannte ImmunoChip – ein Hochdurchsatz-Genotypisierungsarray, das speziell für die Untersuchung eines bestimmten Sets genetischer Varianten entwickelt wurde, die in Verbindung zu einer oder mehreren Autoimmunkrankheiten stehen. Forscher, die sich im Internationalen MS Genetik Konsortium zusammengeschlossen haben, nutzten die ImmunoChip-Plattform, um die Erbsubstanz von 29.300 MS-Erkrankten sowie von 50.794 nichtverwandten gesunden Kontrollpersonen zu analysieren. Damit ist dies die größte genetische Studie zu Multipler Sklerose, die je durchgeführt wurde. Zusätzlich zur Identifizierung von 48 neuen Prädispositionsvarianten bestätigte und verfeinerte die Studie zudem eine ähnliche Anzahl bereits zuvor identifizierter Genassoziationen. Mit diesen neuen Ergebnissen gibt es nun 110 Genvarianten, die mit MS in Verbindung stehen. Obwohl jede dieser Varianten alleine nur ein sehr geringes Risiko für die Entwicklung von Multipler Sklerose bedeutet, machen sie zusammen etwa 20 Prozent der genetischen Komponenten der Krankheit aus.
Dr. Jacob McCauley von der University of Miami, Studienleiter für das IMSGC, erklärt die Bedeutung der Arbeit und der Art der Zusammenarbeit: „Mit der Veröffentlichung dieser neuen Daten haben unsere Anstrengungen zur Aufklärung der genetischen Komponenten dieser komplexen Krankheit einen enormen Schritt nach vorne getan. Die Beschreibung der genetischen Basis jeder komplexen Krankheit ist ein komplizierter, aber entscheidender Schritt. Durch die weitere Verfeinerung der genetischen Landschaft der Multiplen Sklerose und durch die Identifizierung von neuen genetischen Assoziationen sind wir der Möglichkeit näher gekommen, die zellulären und molekularen Prozesse, die für die MS verantwortlich sind und damit die spezifischen biologischen Ziele für zukünftige Therapiestrategien zu identifizieren.“ Originalpublikation: Analysis of immune-related loci identifies 48 new susceptibility variants for multiple sclerosis International Multiple Sclerosis Genetics Consortium (IMSGC); Nature Genetics, doi:10.1038/ng.2770; 2013