Nur schnell noch eine weitere Episode der Lieblingsserie streamen und dann ab ins Bett. Was als guter Vorsatz den Fernsehkonsum am Abend begrenzen soll, funktioniert so leider in den wenigsten Fällen. Auf Dauer kann dies zu Schlafstörungen führen und Erkrankungen mit sich bringen.
Binge Watching: Das regelrechte Verschlingen mehrerer Episoden einer Serie nacheinander. Ein Trend, der sich besonders bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen verbreitet. Ganz ähnlich wie bei einer Essattacke (Binge-Eating-Störung) findet das Binge Watching häufig in den späten Abend- und Nachtstunden statt. Das bleibt ebenfalls nicht ohne Folgen. Der Seriengenuss in Endlosschleife beschert vielen Betroffenen eine geringere Schlafqualität und eine verkürzte Schlafdauer bis hin zur Schlaflosigkeit. Video-on-Demand-Plattformen treiben so das Problem „Schlafstörung“ bei jungen Menschen nicht nur in den USA, sondern ebenso in Europa weiter an.
Serienformate sind meistens so angelegt, dass sie an einer besonders spannenden Stelle enden. Das animiert unweigerlich zum Klick auf die nächste Folge. Manche Streaming-Dienste spielen die folgende Episode sogar automatisch ab. Eine rationale Konsumkontrolle wird dadurch effektiv ausgeschaltet. Forscher untersuchten nun an 423 erwachsenen Probanden, welchen Effekt dieser unkontrollierte Serienkonsum auf die meist 18- bis 25-Jährigen haben könnte. Die Daten der Studie wurden in Form einer Online-Umfrage ermittelt. Die Befragten mussten sich und ihr Verhalten selbst einschätzen. Die Forscher erhoben dabei mithilfe von Fragebögen die Dauer des Fernsehkonsums, die Schlafqualität (Pittsburgh Sleep Quality Index), allgemeine Ermüdungsanzeichen (Fatigue Assessment Scale), Anzeichen für Schlaflosigkeit (Bergen Insomnia Scale) sowie den Erregungszustand der Probanden vor dem Schlafengehen (Pre-Sleep Arousal Scale). Letztere Skala erfasst zum Beispiel körperliche Anzeichen für Erregung, wie Herzrasen, und kognitive Signale, wie die Aktivität im Sinne von geistiger Ruhelosigkeit. Interessant ist, dass Männer in der Regel etwas seltener ihrem Serien-Heißhunger nachgaben. Taten sie es aber, konsumierten sie deutlich ungehemmter und länger als die Frauen. Die Serien binden den Zuschauer regelrecht an den Bildschirm. Man fiebert mit den Figuren mit und baut eine emotionale Bindung zu ihnen auf. Das kann dazu führen, dass das „Erlebte“ noch lange nachhallt und Entwicklungen oder spannende Inhalte noch nachträglich verarbeitet werden.
Tachykardie, Gedankenkarussell und ein allgemeiner Zustand der Erregtheit stören nach dem Serienkonsum erst das Einschlafen und dann schließlich auch die Schlafqualität. Kommen solche Schlafstörungen über einen längeren Zeitraum regelmäßig vor, drohen ernste gesundheitliche Folgen, wie beispielsweise eine schlechtere Gedächtnisfunktion, Bluthochdruck oder kardiovaskuläre Erkrankungen. Wer nachts länger mitfiebert und auch mehr Kalorien über Snacks zu sich nimmt, erhöht zusätzlich noch das Risiko für Übergewicht. Quelle: Binge Viewing, Sleep, and the Role of Pre-Sleep Arousal. Liese Exelmans et al., Journal of Clinical Sleep Medicine, doi: 10.5664/jcsm.6704; 2017