Wenn Standardtherapien Asthma-Symptome nicht lindern, könnte zukünftig das Antibiotikum Azithromycin ergänzend eingesetzt werden. Eine dauerhafte Antibiotikagabe ist allerdings kritisch, da so Resistenzen gefördert werden.
Schon lange häufen sich die Hinweise, dass Azithromycin antiinflammatorische, antibakterielle und antivirale Eigenschaften hat. Wissenschaftler spekulierten, ob sich das Makrolidantibiotikum als Add-on bei Asthma-Patienten mit schlechter Kontrolle der Symptome eignen könnte. Jetzt hat Professor Dr. Peter G. Gibson vom Hunter Medical Research Institute in Newcastle, Australien, Ergebnisse einer randomisierten placebokontrollierten doppelt verblindeten Studie veröffentlicht.
Der Forscher rekrutierte 420 erwachsene Asthma-Patienten. Sie erhielten zu Studienbeginn leitliniengerecht inhalative Kortikosteroide plus LABA (Long-acting beta-2 agonists) beziehungsweise LAMA (Long-acting muscarinic antagonists). Mit dieser Strategie gelang es den Patienten nicht, die Symptome zu kontrollieren. Insgesamt wurden 213 (51 Prozent) aller Patienten einer Azithromycin-Behandlung und 207 (49 Prozent) der Placebo-Gruppe zugewiesen. Sie bekamen 48 Wochen lang dreimal pro Woche 500 mg Azithromycin oder ein Placebo. Als Ausschlusskriterien definierte Gibson Erkrankungen des Gehörs. Grund dafür ist die Ototoxizität von Makrolidantibiotika. Da es auch Hinweise auf kardiale Effekte gibt, verweigerte der Forscher auch Personen mit abnormer Verlängerung des QT-Intervalls die Teilnahme an seiner Studie. Als Endpunkte definierte Gibson schwere Exazerbationen anhand folgender Kriterien:
Von moderaten Exazerbationen sprach der Forscher bei:
Tatsächlich kam es unter Azithromycin zu weniger Asthma-Exazerbationen (1,07 Ereignissen pro Patientenjahr) im Vergleich zu Placebo (1,86 Ereignisse pro Patientenjahr). In der Gruppe mit nicht eosinophilem Asthma waren es 1,15 versus 1,74 Ereignisse, bei Studienteilnehmern mit eosinophilem Asthma 1,98 versus 0,96 Exazerbationen. Gibson interessierte sich aber auch für die asthmabezogene Lebensqualität auf Basis des Asthma Quality of Life Questionnaire (AQLQ). Hier reicht das Spektrum von sieben Punkten (keine Einschränkungen) bis zu einem Punkt (schwere Einschränkungen). Unter Azithromycin verbesserte sich der Wert um 0,36 Punkte. Schwerwiegende Nebenwirkungen gab es nicht. Bei 72 Patienten (34 Prozent) versus 39 (19 Prozent) trat allerdings Diarrhö auf.
Methodisch gibt es trotz des randomisierten, kontrollierten Studiendesigns einige Kritikpunkte. Asthma zählt zu den großen Volkskrankheiten, Patienten sollten daher leicht zu finden sein. Peter G. Gibson hat innerhalb von 6,5 Jahren jedoch nur 420 Patienten eingeschlossen. Außerdem waren neue Arzneistoffe wie Mepolizumab oder Reslizumab zu Beginn der Arbeit noch nicht verfügbar. Heute würden sich Ärzte im Zweifelsfall eher für monoklonale Antikörper entscheiden. Und nicht zuletzt vergrößert der Selektionsdruck einer Antibiotika-Dauertherapie das Risiko möglicher Resistenzen. Vor knapp einem Jahr sorgten wissenschaftliche Daten für Schlagzeilen. „Kürzer ist besser“, schrieb der Infektionsbiologe Brad Spellberg aus Los Angeles in einem Kommentar. In vielen Fällen seien Kurzzeittherapien ähnlich wirksam wie längerfristige Gaben, würden aber das Risiko möglicher Resistenzen verringern.